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10. Februar 2012

Dohle

Die Alpendohle (Pyrrhocorax graculus)

Alpendohle ©photos.com
Foto:Steven Jones

Die Alpendohle, ein Krähenvogel, kommt im Alpenraum meist oberhalb der Waldgrenze in Höhenlagen zwischen 1.500 m und 3.000 m vor. Der markante Ruf ein helles "zirrrr", ist den meisten Wanderern wohl bekannt. Die ausgezeichneten Flieger sind Allesfresser, sie erbeuten Insekten, sammeln Beeren, fressen Aas und "betteln" gerne bei rastenden Wanderern um Essensresten. Alpendohlen leben in einer Dauerehe und brüten in den Nischen steiler Felswände. Sie sind sehr gesellig und bilden vor allem nach der Brutsaison im Spätsommer kleinere Schwärme.


Die Dohle (Coloeus monedula) – Vogel des Jahres 2012 und Objekt des Monats Februar 2012 im Landesmuseum



Dohlentrupp im Flug – durch eine taubenartige Flugweise und markante Rufe machen Dohlenschwärme auf sich aufmerksam. 

  
Mit einer Flügelspannweite von etwa 70 cm und einem Gewicht von einem Viertel Kilogramm - kaum halb so schwer wie die häufigere Rabenkrähe - ist die Dohle nur etwa taubengroß. Gemeinsam mit dem riesigen Kolkraben, der Rabenkrähe, der Saatkrähe und der gelbschnäbeligen Alpendohle (mit der sie immer wieder verwechselt wird) gehört sie zu den „Schwarzröcken“ unter den heimischen Rabenvögeln. Der kurze schwarze Schnabel, der graue Nacken und besonders die weißgraue Iris bilden die wesentlichen Bestimmungsmerkmale. Gerne mischen sich Dohlen unter Krähenschwärme und fallen dort durch ihre geringere Größe und die markanten Rufe auf, die wie „kjak“ oder „kjarrr“ klingen.


Unterschiede zwischen Dohle, Rabenkrähe und Saatkrähe




Dohlen sind soziale Tiere, die meist in kleinen Kolonien brüten, in Gruppen Nahrung suchen und ihrem einmal gewählten Partner lebenslang die Treue halten. Die Intelligenz der Dohlen faszinierte bereits den Verhaltensforscher Konrad Lorenz, der diesen Tieren seine erste wissenschaftliche Publikation widmete.


Das Verbreitungsgebiet der Dohle umfasst ganz Europa bis etwa zum 65. Breitengrad im Norden und reicht in Asien bis nach Westchina. Das äußerste Nordafrika wird gerade noch besiedelt. In Österreich bevorzugt die Dohle niedrige Lagen und steigt nur in Ausnahmefällen über 800 m Seehöhe hinauf. In Niederösterreich liegen die Verbreitungsschwerpunkte im Mostviertel, im Donauraum und im Wiener Becken. Im Wald- und Weinviertel gab es markante Bestandsrückgänge.



Als Nahrungsgebiet nutzt die Dohle die Offenlandschaft, hier besonders Weiden, extensives Dauergrünland, abgeerntete Felder und Brachen. Mitunter werden auch städtische Grünflächen und Abfalldeponien aufgesucht. Grundsätzlich ist die Dohle ein Allesfresser, der aber insbesondere zur Jungenaufzucht ein gutes Angebot an energiereicher Großinsektennahrung braucht.




Kirchturm als Brutstätte

Die Dohle ist ein ausgeprägter Höhlenbrüter, der Altholzbestände mit einem hohen Angebot an Schwarzspechthöhlen, höhlenreiche  Felsabbrüche (z.B. Rax- Semmeringgebiet) und sekundär Gebäude mit entsprechender Nistmöglichkeit nutzt. Besonders Kirchtürme und Burgruinen werden gerne als Brutplätze angenommen. Dohlen sind geschickte Kletterer und können sogar in senkrechten Kaminschloten brüten, was mitunter zu Problemen führen kann. Abhilfe schafft in Gebieten mit einer „Kamindohlen“-Tradition ein entsprechendes Gitter an der Mündung beheizter Kamine. Die Mehrzahl der Dohlenkolonien befindet sich heute an Bauwerken und so kann die Dohle durchaus als Kulturfolger gelten.





Dohlen zeitigen nur eine Brut im Jahr, die 4 - 6 gepunkteten hellblauen Eier werden Ende März bis Anfang April gelegt und 16 - 19 Tage lang bebrütet. Die Jungen bleiben etwa 33 Tage lang im Nest bevor sie ausfliegen und von den Eltern noch bis zu einem Monat lang gefüttert werden.

Vielerorts ist die Dohle im Rückgang begriffen, als Hauptursachen gelten:
  • der Verlust an Brutmöglichkeiten durch Gebäudesanierungen, Taubenabwehrmaßnamen an Gebäuden und Rodung von höhlenreichen Altholzbeständen
  • die Entwertung von Nahrungsflächen durch Wiesenumbruch und Intensivierung sowie Pestizideinsatz auf landwirtschaftlichen Flächen
  • direkte menschliche Verfolgung, wobei hier vor allem eine Verwechslung mit Krähen zu Fehlabschüssen führt.

Dohle neugierig schaut sie auf
den Fotografen herab, der sich
im Tarnzelt versteckt.

Die Rote Liste der Vögel Niederösterreichs (Berg, H.-M.; 1997) führt die Dohle als gefährdet, österreichweit findet sie sich was die Gefährdung betrifft auf der Vorwarnliste (NT – Gefährdung droht; Frühauf, J.; 2005). Im Jahr 2012 wurde die Dohle von BirdLife Österreich und deutschen Partnerorganisationen zum „Vogel des Jahres“ gekürt.





Literatur:
Bauer, H.-G., Bezzel, E. & W. Fiedler: Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 2: Passeriformes – Sperlingsvögel. Aula-Verlag. Wiebelsheim, Wiesbaden 2005.Berg, H.-M. (1997): Rote Liste ausgewählter Tiergruppen Niederösterreichs - Vögel (Aves), 1. Fassung 1995. NÖ Landesregierung, Abt. Naturschutz, Wien, 184 pp.
Dvorak, M., A. Ranner & H.-M. Berg (1993): Atlas der Brutvögel Österreichs. Ergebnisse der Brutvogelkartierung 1981 - 1985 der Österr. Ges. f. Vogelkunde. Bundesministerium f. Umwelt, Jugend u. Familie, Wien, 522pp.
Dwenger, R. (1989): Die Dohle. Die Neue Brehm Bücherei Bd. 588. A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt, 148 pp.
Frühauf, J. (2005): Rote Liste der Brutvögel (Aves) Österreichs. In: Zulka, K.P. (Red.): Rote Listen gefährdeter Tiere Österreichs, Teil 1. BM f. LFUW, Grüne Reihe 14/1, Böhlau Verlag, Wien, 63-165.
Glutz von Blotzheim, U. N. & K. M. Bauer: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Band 13/III, Passeriformes (4. Teil). AULA-Verlag, Wiesbaden 1993.
Lorenz, K. (1927): Beobachtungen an Dohlen. Journal für Ornithologie 75, 511-519.
Schäffer, A. (2012):Überlebenskünstlerin in Not: Die Dohle – Vogel des Jahres 2012. Der Falke 59: 12-16.

Text & Fotos: Thomas Hochebner, Forschungsgemeinschaft LANIUS

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Die Dohle – ein wenig bekannter Allerweltsvogel im Rückgang



Viele Österreicherinnen und Österreicher kennen das Phänomen der winterlichen Krähenschwärme im Umfeld der Städte. „Die Russen sind wieder da“ ist ein z.B. in Wien häufig gehörter Satz, wenn zehntausende Saatkrähen aus dem kalten Osten als Wintergäste zu uns kommen.

Weniger bekannt ist allerdings, dass sich meist eine weitere, kleinere Art von Rabenvögeln unter die Saatkrähen (mitunter auch Aaskrähen) mischt, wenn diese von ihren Schlafplätzen täglich zu den umliegenden Futterplätzen ziehen. Diese ist auch im Krähenschwarm durch ihre geringere Größe, die schnelleren Flügelschläge und vor allem die unverkennbaren, hellen „kjaa“ und „kjak“-Rufe zu erkennen.


Dohle, Foto: Thomas Hochebner
Die Rede ist von der Dohle (Corvus monedula), dem kleinsten der krähenähnlichen Rabenvögel (Corvidae).

Ein verbreiteter Irrtum ist allerdings die Verwechslung mit der Alpendohle (Pyrrhocorax graculus).  „Aber kommen die nicht nur in den Bergen vor?“ hört man oft als skeptischen Einwand, wenn man von der Dohle spricht.


Die Unterschiede sind hier sehr leicht zu erkennen: Die Dohle ist ein etwa taubengroßer schwarzer Vogel mit einem auffällig grau befiederten Nacken. Alpendohlen sind etwas größer, leben ausschließlich in den Bergen und sind mit ihrem gelben, leicht gebogenen Schnabel unverkennbar. Sie sind Bergwanderern durch ihre zutrauliche bis freche Art und ihre Flugakrobatik bestens bekannt.


Aber zurück zu den eigentlichen Dohlen:

Die Nahrung der schwarz-grauen Vögel besteht aus Insekten, Würmern, Schnecken, Früchten, Samen und Körnern.

Dohlen sind sehr soziale und (wie alle Rabenvögel) ebenso intelligente Vögel. So trugen Verhaltensbeobachtungen des Nobelpreisträgers Konrad Lorenz an Dohlen – allen voran der berühmten zahmen Dohle „Tschok“ - schon in der 1930er Jahren maßgeblich zu dessen Ideen zur Verhaltensforschung bei – noch vor den bekannten Graugansforschungen.

Bis vor kurzem noch wurden Studien zu Sozialverhalten und Kognition auch an einer halbwilden Dohlenkolonie als Modellart an der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle in Grünau/Almtal (KLF) in Oberösterreich durchgeführt.

Dohle, Foto: Thomas Hochebner

Im Mittelalter hatten die Dohlen, wie schwarze Vögel im Allgemeinen, als Unglücks- und Krankheitsbringer kein gutes Image. Regional waren sie in Deutschland auch als die „schwarzen Tauben des Pastors“ bekannt, da sie gerne in Kirchtürmen brüteten.

Die Dohle sollte eigentlich auch hierzulande jedem bekannt sein, denn sie lebt in zahlreichen Städten Österreichs als richtiger Kulturfolger, der meist in höhlenartigen Strukturen von Gebäuden, wie Dachnischen, Kaminen, Mauerlöchern und Türmen, brütet. In der Natur bauen die Koloniebrüter ihre Reisignester in Felsen oder auch hohen Bäumen.


Gerade diese Lebensweise als Höhlenbrüter, die sie einst zur „Stadtbewoherin“ machte, resultiert heute in einer wachsenden Gefährdung der Dohle. Denn Gebäudesanierungen, Renovierungen an Fassaden und moderne Bauweise bedeuten oft den Verlust jener offenen, löchrigen Strukturen, die so wichtig für die intelligenten Vögel sind. Auch Parklandschaften mit hohen Bäumen sind rar geworden. Zudem führen intensive Landwirtschaft und Pestizide zu einem Mangel an Futter. In Österreich leben derzeit etwa 4000 Brutpaare.

Die zunehmende Gefährdung der Dohlenpopulationen hat die Naturschutzverbände Bird Life Österreich, Naturschutzbund Deutschland (NABU) und Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) veranlasst, gemeinsam diese Spezies zum „Vogel des Jahres 2012“ zu wählen. Das Landesmuseum Niederösterreich in St. Pölten präsentiert die Dohle als „Objekt des Monats“ im Februar 2012. 

Was kann man nun unternehmen, um die Dohlen vor weiteren Bestandsabnahmen zu retten?

Abhilfe schaffen können Nistkästen mit einer Fluglochöffnung von etwa 80 mm, die auf Gebäuden oder Bäumen in einer Höhe von mindestens vier Metern angebracht werden.

Neben solchen Unterstützungen und allgemeinen Maßnahmen zum Schutz der Lebensräume wie der Reduktion von Pestiziden sind vor allem ein höheres Wissen und Bewusstsein bezüglich der Dohle sowie eine größere Wertschätzung der Rabenvögel im Allgemeinen wichtige Voraussetzungen. 


Dohle als geschickter Kletterer,
Foto: Thomas Hochebner
So ist zum Beispiel mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass ein vermehrter Abschuss von Rabenvögeln wie der Aaskrähen nicht zu einer erfolgreichen Kontrolle der vermeintlich überhandnehmenden Bestände führt. Auch wenn das die Dohle selbst nicht direkt betrifft, so ist hier zumindest eine gute Artenkenntnis der Rabenvögel Voraussetzung, seltenere Arten wie eben die Dohle zu schonen bzw. zu schützen.

Neben der Dohle leben in österreichischen Städten Saatkrähen und Aaskrähen (Nebel- und Rabenkrähen). Der Kolkrabe kommt heute nur mehr in entlegeneren Lebensräumen des Gebirges vor. Elstern und Häher zählen übrigens auch zu den Rabenvögeln.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Dohle als ein Beispiel dafür dienen kann, dass heute selbst Tierarten, die gelernt haben, sich sehr gut an den Menschen und seine Lebensräume anzupassen, gefährdet sein können, wenn man nicht bewusst auf ihre Bedürfnisse eingeht und konkrete Maßnahmen setzt, sowohl die Arten als auch ihre Lebensräume zu erhalten.



Text: Mag. Michael Schroll, Kulturvermittler im Landesmuseum Niederösterreich

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