Profil

Mein Bild
Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

27. Juni 2014

Frauenportrait #19

 

 

#19 Schwester Maria Restituta

eine Kämpferin für den Glauben

 

Sr. Maria Restituta,
Fotoquelle: Dokumentationsarchiv des
öst. Widerstands (www.doew.at)
Aus Mähren kam 1896 die Familie Kafka nach Wien. Hier hoffte der Vater Anton Kafka als Schuhmacher ausreichend Arbeit zu finden, um seine kinderreiche Familie ernähren zu können. Helene Kafka war als viertes von sieben Kindern am 1. Mai 1894 noch in Hussowitz (Husovice) bei Brünn zur Welt gekommen. In Wien-Brigittenau besuchte sie die Volksschule, dann die dreijährige Bürgerschule und später eine einjährige Haushaltungsschule. Zunächst verdiente sie sich ihren Lebensunterhalt als Hausmädchen und als Verkäuferin in einer Tabaktrafik. Ab 1914 arbeitete sie als Hilfspflegerin im Krankenhaus Lainz und lernte dort die „Franziskanerinnen von der christlichen Liebe“, die in Wien das Hartmannspital führten, kennen und trat am 25. April 1914 gegen den Willen der Eltern in den Orden ein. Am 23. Oktober 1915 begann ihr Noviziat. Sie nahm den Ordensnamen Maria Restituta an. Ein Jahr später legte sie die einfache Profess ab, am 8. Juni 1923 ihre Ewige Profess, das Gelübde auf Lebenszeit.
Nach Zwischenstationen im Krankenhaus Neunkirchen und wieder im Krankenhaus Lainz begann sie im Mai 1919 ihre Arbeit als Krankenschwester im Krankenhaus Mödling. Sehr rasch wurde sie aufgrund ihres Einsatzes und ihrer Qualifikation zur leitenden Operationsschwester und Narkotiseurin. Im Kloster konnte sie ihr musisches Talent als Harmoniumspielerin und Chorleiterin ausleben. Ihr temperamentvolles Wesen und ihre schonungslose Ehrlichkeit machten ihr das Leben weder in der Klostergemeinschaft noch „an ihrem Arbeitsplatz leicht. Bald erhielt sie im Spital den Spitznamen „Schwester Resoluta“.
Die Machtübernahme durch die Nazi 1938 blieb nicht ohne Folgen für das Krankenhaus Mödling. Mit der Schaffung von Groß-Wien und der Eingemeindung von Mödling ging am  15. Oktober 1938 das Krankenhaus in das Eigentum und in die Verwaltung der Gemeinde Wien über. Der jüdische Chirurg wurde entlassen; an seine Stelle trat der minder qualifizierte SS-Arzt Dr. Lambert Stumfohl; damit waren Konfrontationen bereits vorprogrammiert. Ein weiterer Konflikt entzündete sich an den Kruzifixen in den Krankenzimmern, gegen deren Entfernung sich Sr. Maria Restituta stellte. Dies und zwei regimekritische Schriften, für deren Verbreitung Sr. Maria Restituta sorgte, wurden ihr zum Verhängnis.
Bei einem der Texte handelte es sich um das „Soldatenlied für ein glückliches Österreich“:

Erwacht, Soldaten, und seid bereit,
Gedenkt Eures ersten Eid(s).
Für das Land, in dem ihr gelebt und geboren,
Für Österreich habet ihr alle geschworen.
Das sieht ja schon heute jedes Kind,
Daß wir von den Preußen verraten sind.
Für die uralte heimische Tradition
Haben sie nichts als Spott und Hohn.
Den altösterreichischen General
Kommandiert ein Gefreiter von dazumal.
Und der österreichische Rekrut
Ist für sie nur als Kanonenfutter gut.
Zum Beschimpfen und Leuteschinden
Mögen sie andere Opfer finden.
Mit ihrem großen preußischen Maul
Sind sie uns herabzusetzen nicht faul.
Dafür haben sie bis auf den letzten Rest
Die Ostmarkzitrone ausgepreßt.
Unser Gold und Kunstschätze schleppten sie gleich
In ihr abgewirtschaftetes Nazireich.
Unser Fleisch, Obst, Milch und Butter
Waren für sie ein willkommenes Futter.
Sie befreiten uns, und ehe man's glaubt
Hatten sie uns gänzlich ausgeraubt.
Selbst den ruhmvollen Namen stahl uns die Brut,
Und jetzt wollen sie auch noch unser Blut.
Der Bruder Schnürschuh ist nicht so dumm,
Gebt acht, er dreht die Gewehre um.
Der Tag der Vergeltung ist nicht mehr weit,
Soldaten, gedenkt eures ersten Eid(s).

Österreich!

Wir Österreicher, auf uns gestellt,
Hatten Frieden und Freundschaft mit aller Welt.
Die Welt vergiftet mit ihrem Haß,
Sie machen sich jedes Volk zum Feind,
Sie haben die Welt gegen sich vereint.
Die Mütter zittern, die Männer bangen,
Der Himmel ist schwarz mit Wolken verhangen.
Der schrecklichste Krieg, den die Menschheit gekannt,
Steht furchtbar vor unserem Heimatland.
Es droht uns Elend und Hungersnot,
Der Männer und Jünglinge Massentod.
Kameraden, trotzt dem verderblichen Wahn,
Was gehen uns die Händel der Preußen an.
Was haben uns die Völker getan?
Wir nehmen die Waffen nur in die Hand
Zum Kampf fürs freie Vaterland.
Gegen das braune Sklavenreich,
Für ein glückliches Österreich!


Eine Angestellte belauschte sie, als sie den Text einer anderen in die Schreibmaschine diktierte, und denunzierte sie bei Dr. Stumfohl. Dieser beschlagnahmte das Durchschlagpapier als Beweismittel und erstattete Anzeige. Am Aschermittwoch, den 18. Februar 1942, wurde sie im Operationssaal von der Gestapo verhaftet. In ihrem Besitz fand man noch die Flugschrift „Deutsche katholische Jugend“, die aus Protest gegen einen Übergriff anlässlich einer katholischen Jugendkundgebung in Freiburg im Breisgau abgefasst worden war. In den folgenden Verhören durch die Gestapo gab Sr. Maria Restituta keinen Namen preis. Sie schützte alle an den Vorgängen im Krankenhaus Beteiligten.
Über die Zeit ihrer Haft berichtete ihre Mitgefangene, die kommunistische Parteifunktionärin Anna Haider: „Sie hat geholfen ohne Rücksicht auf Nationalität oder Weltanschauung, ob jemand katholisch war oder konfessionslos oder kommunistisch war oder sozialdemokratisch oder christlich-sozial, da hat sie weder gefragt, noch hatte es irgendeine Bedeutung für sie [...] Sie hat die Menschen sichtlich wirklich gerne gehabt.“
Obwohl man ihr weder die Verbreitung des Liedes oder des Flugblattes nachweisen konnte, eröffnete man im Herbst 1942 den Prozess wegen Hochverrat und Feindbegünstigung. Es war offensichtlich, dass das Regime an Sr. Maria Restituta ein Exempel statuieren wollte, dass sich gegen die katholische Kirche richtete und deren Proteste und Widerstand im Keim ersticken sollte. Am 29. Oktober 1942 wurde das Todesurteil verkündet: „Im Namen des Deutschen Volkes. In der Strafsache gegen die Ordensschwester und Operationsschwester am Städtischen Krankenhaus in Wien – Mödling Helene Kafka, Ordensname „Restituta“, aus Wien-Mödling, geboren am 1. Mai 1894 in Hussowitz bei Brünn (Mähren), zur Zeit in dieser Sache in gerichtlicher Untersuchungshaft, wegen Vorbereitung zum Hochverrat hat der Volksgerichtshof, 5. Senat, auf Grund der Hauptverhandlung vom 29. Oktober 1942, […] für Recht erkannt: Die Angeklagte Kafka wird wegen landesverräterischer Feindbegünstigung und Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode und zum Ehrenrechtsverlust auf Lebenszeit verurteilt. […].“
Gnadengesuche, u.a. vom Wiener Kardinal Theodor Innitzer, blieben ohne Wirkung. Am 30. März 1943 wurde sie im Wiener Landesgericht durch Enthauptung hingerichtet. Ihr Leichnam wurde nicht der Ordensgemeinschaft übergeben, sondern anonym in der sog. 40er Gruppe des Wiener Zentralfriedhofs verscharrt.
Seinen Besuch in Wien nahm Papst Johannes II. zum Anlass, am 21. Juni 1998 ihre Seligsprechung zu verkünden. Sr. Maria Restituta ist die erste Märtyrerin der Erzdiözese Wien. Ihr liturgischer Gedenktag ist der 29. Oktober.
Text: Dr. Elisabeth Vavra

Quellen: 
Helene Maimann, Schwester Restituta. Versuch über eine Unbequeme. In: Helmut Konrad, Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): Arbeiterbewegung. Faschismus. Nationalbewußtsein. Wien-München-Zürich 1983, 201–212.
Werner Kunzenmann, Sr. Maria Restituta Kafka. Märtyrin aus dem Widerstand. Dokumentation. Innsbruck 1998.
http://www.widerstand-christlicher-frauen.de/biografien/kafka_restituta.htm (aufgerufen 29.4.2014).

18. Juni 2014

Frauenporträt #18

 #18 Elfriede Mejchar



Elfriede Mejchar, 1958 © Archiv Mejchar
Kindheit
Elfriede Mejchar wurde am 10. Mai 1924 im Allgemeinen Krankenhaus in Wien geboren. Nach einem Jahr übersiedelte sie mit ihrer Mutter Rosa Jähnl nach Ruprechtshofen bei Melk. In Melk lebten die Großeltern von Elfriede Mejchar; ihr Großvater Wilhelm Jähnl, der 1905 nur 52-jährig verstarb, war Primarius am 1899 neu gebauten Krankenhaus; auch ihre Mutter wurde in Melk geboren. Elfriede Mejchar wuchs bis zum Ende der 2. Volksschulklasse in Ruprechtshofen auf und beendet die Volskschule 1934 in St. Leonhard am Forst.
Da aus ökonomischen Gründen ihr Wunsch, die Schule der „Englischen Fräulein“ in St. Pölten zu besuchen, nicht möglich war, kam Elfriede Mejchar im Herbst 1934 intern zu den katholischen „Schulschwestern“, einer Ordensschule mit Mädchenpensionat, nach Haindorf bei Langenlois. Auf Grund des „Anschlusses“ Österreichs an Deutschland musste das Institut im Herbst 1938 geschlossen werden, sodass Elfriede Mejchar auf Drängen ihrer Mutter die „Wirtschaftschule“ (heute „Handelsschule“) in St. Pölten absolvieren musste. Nach wenigen Monaten verweigerte Elfriede Mejchar die Schule und zog ihrer Mutter nach Nordenham in Norddeutschland nach, wo infolge der nationalsozialistischen Arbeitspolitik deren Mann Karl Berger hinbeordert wurde. Dort besuchte sie in Brake bei Nordenham die Oberschule, die sie am 1. 6. 1940 mit „Mittlerer Reife“ abschloss.

Landesmuseum Niederösterreich, Foto © Helmut Lackinger
Jugend und Beginn der photographischen Laufbahn
Nach dem Schulabschluss arbeitete sie kurze Zeit als Büromitarbeiterin im Flugzeugwerk Nordenham („Weser-Flugzeugbau“, wo auch ihr Stiefvater beschäftigt war und die JU52 produziert wurde), da ihr Wunsch, Photographin zu werden („Ich wollte ein Handwerk lernen.“) mangels einer Lehrstelle nicht sofort realisiert werden konnte.
Dieser Wunsch wurzelt wohl bei ihrer Tante Lotte Jähnl, die Sekretärin in der Direktion der „Österreichischen Galerie“ im Belvedere war und leidenschaftlich gerne photographierte, wenn sie zu Besuch zu Elfriede Mejchar nach Ruprechtshofen bzw. St. Leonhard kam. „Die Photographie war also immer existent in meinem Leben, daher war es nahe liegend, dass ich Photographin werden wollte“, erinnert sie sich an ihre Kindheit. Ihr großer Wunsch war, nach München zu gehen, wo es damals die beste Photoschule im deutschsprachigen Raum gab, da sie die beste Ausbildung absolvieren wollte, aber auch dies war aus ökonomischen Gründen nicht möglich.
Mit 7. April 1941 war es soweit: Elfriede Mejchar begann ihre Photographielehre im kleinen Photostudio Ernst Ley in Nordenham, die sie am 15.April 1944 mit der offiziellen GesellInnenprüfung in Oldenburg abschloss (und im Mai 1960 bei der Sektion Gewerbe der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien mit der Meisterprüfung Photographie als externe Absolventin der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt Wien beendete). Die dabei zu absolvierende Aufgabe war ein Portrait zu realisieren, sowohl im Profil als auch en face. Es galt zu zeigen, dass man in Bezug auf Licht- und Personengestaltung direkt vor der Kommission die Photographie technisch beherrschte.

Landesmuseum Niederösterreich, Foto © Helmut Lackinger
Rückkehr nach Wien – Die ersten Arbeiten für das Bundesdenkmalamt (BDA)
Im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen 1944 zog Elfriede Mejchar mit ihrer Mutter noch im Juni zurück nach Wien. Diese nahm rasch Kontakt zur „Österreichischen Galerie im Belvedere“ auf, da sie durch ihre Schwester Lotte sowohl den damaligen Direktor Grimschitz als auch Eva Frodl kannte, welche die Photoabteilung des „Instituts für Denkmalpflege“, wie das BDA während der nationalsozialistischen Zeit hieß, leitete.
Am 19. Juni 1944 erhielt Elfriede Mejchar erstmals eine Anstellung am BDA und wurde beauftragt, u. a. in St. Pölten historische Architektur zu photographieren, um so im Falle möglicher Bombenschäden Dokumentationsmaterial zu haben; dabei wurde sie für kurzfristig wegen Spionageverdacht von Nationalsozialisten in Verwahrungshaft genommen. Eine Woche lang war sie auch in Bad Aussee im Salzbergwerk, um die von den Nationalsozialisten dort gehorteten Kunstwerke zu dokumentieren.
Wie für so viele andere war auch für Elfriede Mejchar das Kriegsende turbulent. Mehrmals war sie in St. Pölten und lebte auch für kurze Zeit 1945 in Anreith im Dunkelsteiner Wald, wo sie das unmittelbare Kriegsende erlebte. Im September 1945 holte sie ihre Mutter wieder nach Nordenham.1946 wurden sie als Ausländer aus Deutschland ausgewiesen und kehrten zunächst nach Melk, dann nach Markersdorf zurück. 1947 übersiedelte Elfriede Mejchar nach Wien.

Ein photographisches Leben für das Bundesdenkmalamt
Elfriede Mejchar war ab dem 15.Oktober. 1947 bis zur ihrer Pensionierung am 30. September 1984 im Bundesdenkmalamt als vertragsbedienstete Photographin tätig. Ihr Arbeitsbereich umfasste dabei laut Dienstvertrag
„…die gesamte fotografische Dokumentation der Restaurierungen von Kunstwerken in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes, wobei neben den normalen auch fotografische Spezialverfahren (Infrarot-, Ultraviolett- und Fluoreszensfotografie) zur Anwendung gelangen.“
Weiteres oblag ihr „…die Herstellung der Bildvorlagen für die kunstwissenschaftlichen Publikationen des Bundesdenkmalamtes, vor allem für die Österreichische Kunsttopographie. In diesem Aufgabenbereich müssen neben der Landschafts- und Architekturfotografie auch zahlreiche Sachgebiete der technischen Fotografie, wie das fachgemäße Aufnehmen von Skulpturen, Bildern, Textilien und Goldschmiedearbeiten beherrscht werden.“
Ihre umfangreiche, vielfältige und auch körperlich höchst herausfordernde beruflich-photographische Tätigkeit führte sie dabei über Jahrzehnte fast durch ganz Österreich, insbesondere nach Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Steiermark und Oberösterreich. Ihre Arbeit ist durch einen hohen bildphotographischen Qualitätsanspruch gekennzeichnet, auf den immer wieder auch explizit bei den kunsttopographischen Publikationen des BDA hingewiesen wird.

Industriearchäologische Dokumentationen
In den 1970er Jahren lernte der Architekt Manfred Wehdorn, der Doyen der österreichischen Industriearchäologie Elfriede Mejchar im BDA kennen und beauftragte sie Anfang der 1980er Jahre mit umfangreichen industriearchäologischen Dokumentationen. Anders als im BDA, wo es exakte photographische Vorgaben bezüglich der Art und Weise der Aufnahmen gab, konnte Elfriede Mejchar jetzt viel freier nach ihren Vorstellungen die photographische Dokumentation gestalten (Wehdorn listete lediglich die zu dokumentierenden Objekte auf, alles weitere überließ er ihr). Hilfreich war dabei das Faktum, dass Elfriede Mejchar selbst genuines Interesse an diesen Thema hatte, wie ihre freie photographische Arbeit über die Simmeringer Heide und der Erdberger Mais in Wien in den 1960er Jahren eindrucksvoll zeigt.


Landesmuseum Niederösterreich, Foto © Helmut Lackinger
Freie photographische Werke
Elfriede Mejchar zählt nicht nur im Bereich der kunsttopographischen und industriearchäologischen Dokumentation zu den bedeutendsten Photographinnen Österreichs, sondern auch im Hinblick auf ihre außerordentlich vielgestaltige freie, also auftragsungebundenen photographischen Arbeiten, die bereits in den 1950er Jahren begann (u.a. mit dem bemerkenswerten Projekt „Künstler bei der Arbeit“); zahlreiche Ausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen, Publikationen sowie herausragende Ehrungen und Preise – u. a. erhielt sie 2002 den Würdigungspreis für künstlerische Photographie des Bundeskanzleramtes, Kunstsektion, 2004 den Preis der Stadt Wien für bildende Kunst sowie ebenfalls 2004 den Würdigungspreis für Photographie des Landes Niederösterreich für Medienkunst – zeigen eindrucksvoll den Rang des photographischen Oeuvres von Elfriede Mejchar.

Text: Carl Aigner

Werkschau im Landesmuseum Niederösterreich:
http://www.landesmuseum.net/de/ausstellungen/sonderausstellungen/elfriede-mejchar/elfriede-mejchar
18.05.-12.10.2014




AKTIVPROGRAMM #3




Fotolabor © B. Gramm



Passend zum Thema Fotografie findet im Landesmuseum am Dienstag, 24. Juni ab 16Uhr das dritte Aktivprogramm mit Kulturvermittlerin Barbara Wippl statt.

Bei diesem Workshop werden die Prinzipien analoger Fotografie erläutert, um selbst in der Dunkelkammer eigene fotografische Experimente anzustellen. Ob mit Belichtung, der Mischung von Chemikalien oder dem Variieren von Gegenständen auf dem Fotopapier. Der inspirative Zugang und das freie Gestalten beim Ausarbeiten des Fotogramms stehen dabei im Vordergrund.

Infos unter:
http://www.landesmuseum.net/de/kalender/aktivprogramm2
oder:
https://www.facebook.com/events/1463252770563617/
 



TIPP!
Elfriede Mejchar ist Mitglied bei FLUSS – NÖ INITIATIVE FÜR FOTO- UND MEDIENKUNST. FLUSS wurde 1989 von Heinz Cibulka und Helmut Kandl (vorm. Schäffer) als gemeinnütziger Verein gegründet; die nun etwa sechzig Vereinsmitglieder sind Foto- und MedienkünstlerInnen, FotografInnen und KunstvermittlerInnen, denen die gesellschaftliche und künstlerische Auseinandersetzung mit Fotografie und Neuen Medien ein Anliegen ist.
http://www.fotofluss.at/index.php

17. Juni 2014

Die Au und ihre Tümpel

Donaubecken Landesmuseum,
Foto: H. Lackinger
Was gehört eigentlich alles zu einem Fluss? Wo fängt er an, wo hört er auf?
Auf diese Frage würden wohl die meisten antworten, dass ein Fluss aus einem wassergefüllten Flussbett und seinem Ufer besteht und dass er an seiner Quelle beginnt und bei der Mündung endet. Das ist zwar nicht falsch und es handelt sich hierbei auch um sehr wichtige Elemente dieses Lebensraumes, aber zu einem funktionierenden Fluss gehört noch vieles mehr! Ein wesentlicher Bestandteil eines naturbelassenen Flusses ist eine intakte Au.

Flüsse haben die Aufgabe, Niederschläge abzutransportieren und letztlich dem Meer zurückzugeben. Damit schließt sich der ewige Kreislauf des Wassers. Je nach Niederschlagsmenge führt ein Fließgewässer unterschiedlich viel Wasser und benötigt demnach auch einmal mehr und einmal weniger Platz um es abzutransportieren. Diesen Platz bietet ihm im Idealfall ein weitläufiges Augebiet, welches es an seinen Ufern begleitet und durch den Wechsel von Überflutung und Trockenfall gekennzeichnet ist.

Auen sind wichtige, artenreiche und fruchtbare Gebiete, die ebenfalls zum Lebensraum Fluss gezählt werden müssen. Hierhin kann sich der Fluss bei hohen Wasserständen ausdehnen. Der schwammartige Boden hält viel Wasser zurück und verhindert somit große, zerstörerische Hochwasserwellen. Auch wird das Wasser hier gefiltert, was die Au zu einem wichtigen Bestandteil der Selbstreinigungskraft eines Fließgewässers macht. Landläufig heißt es ja, verschmutztes Wasser müsse lediglich über sieben Steine laufen, um wieder sauber zu werden. Ganz so einfach ist es nicht, aber durch eine anständige „Aubodenfiltration“ kann schon einiges im Punkto Wasserqualität erreicht werden.


Autümpel im Landesmuseum, Foto: A. Giesswein
Viele speziell an wechselnde Bedingungen in einer Au angepasste Pflanzen und Tiere finden in der Au perfekte Bedingungen. Diese besteht in der Regel nicht nur aus Wald und dazwischen eingestreuten Feuchtwiesen, sondern sie beherbergt auch eine Reihe flussbegleitender Gewässer. Es wird zwischen einigen verschiedenen Arten von Augewässern unterschieden. Die meisten der stehenden Gewässer in einer Au entstehen dadurch, dass ein Stück des Flusses, eine Flussschlinge oder Ähnliches, durch das Anhäufen von Material wie Äste, Schlamm und Steine, vom Hauptfluss abgeschnitten wird. Oder es wird eine Flussschlinge vom Fluss durchbrochen und somit der Lauf verändert. Der ehemalige Mäander bleibt als Altwasser zurück. Diese Gewässer führen in der Regel ganzjährig Wasser und sind wichtige Habitate für viele Insekten, Fische und Wasservögel.
Neben diesen Augewässern gibt es noch verschiedene Kleingewässer, die dem Namen Tümpel alle Ehre machen. Sie führen wie es der Definition eines Tümpels entspricht, nur zeitweise, bedingt durch Überschwemmungen oder hohe Grundwasserstände, Wasser. Durch diese stark wechselnden Bedingungen werden an die Tiere und Pflanzen in diesen Gewässern ganz besondere Anforderungen gestellt.
Tümpel sind meist nur wenige Dezimeter tief und lediglich ein paar Wochen, höchstens einige Monate im Jahr mit Wasser gefüllt. In der übrigen Zeit erinnert für gewöhnlich nur eine getrocknete, rissige Schlammfläche an ihre flüchtige Existenz. Echte Wasserpflanzen sucht man hier meist vergeblich. Findet man am Grund eines Tümpels etwas Grünes, so sind es größtenteils Landpflanzen, welche kurze Überschwemmungsphasen aushalten können.

Aquarium Landesmuseum, Foto: H. Lackinger

Diese kurzlebigen Kleingewässer beherbergen eine eigentümliche Tiergesellschaft. Neben verschiedenen Einzellern, Insektenlarven und anderen Klein- und Kleinstorganismen sind vor allem unterschiedliche Arten von niederen Krebsen typisch für solche Lebensräume. Sie überstehen die Trockenperioden in Form sogenannter Dauereier, die oft mehrere Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte im Trockenen überleben können. Sobald sie mit Wasser in Berührung kommen wird ihre Entwicklung fortgesetzt und nach wenigen Tagen schlüpft eine neue Generation Krebse.
Im Bereich der March- und Thayaauen gibt es einige Tümpel, die dafür berühmt geworden sind, dass sie sogenannte Urzeitkrebse beheimaten. Diese Tiere gibt es seit etwa 280 Mio. Jahren. Sie sind schon in Tümpeln geschwommen, lange bevor die ersten Dinosaurier daraus getrunken haben. Auch diese urtümlichen Tiere verfolgen bis heute sehr erfolgreich die Strategie der Dauereier, um in ihren vergänglichen Lebensräumen zu bestehen. Besonders gut kann man die kleinen Lebewesen bei der "Tümpelwiese" beim Marchegger Pulverturm und in den "Langen Lüssen" bei Marchegg-Bahnhof beobachten.
 

Gelbbauchunke, Foto: M. Schaar
Auch die Gelbbauchunke laicht bevorzugt in nur zeitweise wasserführenden Gewässern. Ihre Larven wachsen unter der ständigen Gefahr auf, ihre Entwicklung zur erwachsenen Unke nicht rechtzeitig vor der Austrocknung des Tümpels vollenden zu können. Entspannter haben es da schon die Gelbbauchunken im Landesmuseum. Ihr „Tümpel“ trocknet niemals aus, dafür sorgen die Tierpflegerinnen.
 

Mittellaufbecken, Foto: M. Schaar
Ein kleiner Tipp (nicht nur zum Valentinstag): Kommen Sie ins Landesmuseum und Schauen sie einer Unke tief in die Augen. Sie wird Sie mit Herzen in den Augen ansehen. Die für Unken typischen herzförmigen Pupillen machen das möglich.

Wie man sieht, ist ein natürlicher Fluss alles andere als ein starrer, lebloser Kanal zu dem wir ihn oft machen. Er bewegt sich, schlängelt sich und spaltet sich in unzählige Arme auf, um sich später wieder zu vereinigen. Es kann passieren, dass man an eine bestimmte altbekannte Stelle am Fluss gehen möchte, doch der Fluss ist wie von Geisterhand verschwunden. Dafür ist in einiger Entfernung wie aus dem Nichts ein Flussbett entstanden, wo nie zuvor eines gewesen ist.

Leider findet man intakte Augebiete mit ihren unterschiedlichen Lebensräumen nur noch in wenigen Flusstälern. Die Mehrzahl der Flussläufe wurde mehr oder weniger stark von Menschenhand verändert. Viele Flussläufe wurden durch Begradigungen stark verkürzt, wodurch sich die Fließgeschwindigkeit und Erosionskraft des Wassers erhöht. Diese Flüsse graben sich immer tiefer in ihr Bett ein, wodurch in weiterer Folge auch der Grundwasserspiegel im Umland sinkt. Aus einstigen, fruchtbaren Auböden werden Trockengebiete, in denen Landwirtschaft nur noch durch künstliche Bewässerung möglich ist. An einen von Leben pulsierenden Autümpel ist hier gar nicht mehr zu denken. Durch den schnellen Abtransport des Wassers kommt es bei Starkregen zu besonders großen Hochwasserwellen. Daraus folgt, dass die Hochwassergefahr an den meisten ausgebauten Flüssen heute deutlich größer ist als nach dem Flussausbau. Davor konnten sich die Gewässer noch in ihre Auen ergießen ohne Schaden anzurichten.
Im Hochwasserschutz muss wieder zu den ökologischen Grundfunktionen des Flusses und seiner Au zurückgefunden werden. Diese vielerorts, wie z.B. im unteren Abschnitt der Traisen, schon in die Tat umgesetzten Renaturierungsmaßnahmen werden uns nicht nur vor Naturkatastrophen bewahren, sondern auch besondere Lebensräume wie Autümpel zurückbringen.
Flüsse sind die Lebensadern unseres Planeten, zwängen wir sie nicht in ein Korsett, sondern lassen wir sie sich entfalten wo immer es geht! Es ist nicht zuletzt zu unserem eigenen Nutzen.

Einige Links: 

http://naturschutzbund.at/auen/auen.html
http://www.bundesforste.at/index.php?id=447
http://www.naturland-noe.at/naturschutzgebiet-untere-marchauen
http://marthaforum.twoday.net/stories/5521960/
http://www.lebensministerium.at/umwelt/natur-artenschutz/life-natur/life-projekte_aktuell/traisen.html
http://www.lebensministerium.at/umwelt/natur-artenschutz/feuchtgebiete/ramsar/donaumarchauen.html
http://www.donauauen.at/?area=nature&subarea=habitats
http://www.naturland-noe.at/life-projekt-renaturierung-untere-marchauen
http://www.youtube.com/watch?v=D9TjqRjdolI
http://www.marchthayaauen.at/index.php?option=com_content&view=article&id=67:welt-der-urzeitkrebse-&catid=27

Text: Mag. Elisabeth Holovsky

12. Juni 2014

Frauenporträt #17

 #17 Maria Trilety – Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete


© Stadtarchiv Baden
Als Tochter eines Wagnermeisters kam Maria Trilety in Weikersdorf (jetzt Stadtteil von Baden) am 3. Mai 1878 zur Welt. Sie besuchte die Volks- und Bürgerschule in Baden, dann eine zweijährige höhere Fortbildungsschule und Handelsschule in Wien. In erster Ehe heiratete sie den Bäckergehilfen Ludwig Brunner. Beide fanden ihre politische Heimat in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) und wurden für diese in ihrer Heimat Baden tätig. Obwohl erst durch die am 18. Dezember 1918 beschlossene Wahlordnung Frauen das allgemeine Wahlrecht erhielten, zog Maria Brunner bereits im November 1918 als erste Frau in den Badener Gemeinderat ein. Ihr Gatte Ludwig Brunner verzichtete auf seinen Gemeinderatssitz, da „nach der gesetzlichen Vorschrift aber eine nahe Verwandschaft in dieser Körperschaft nicht statthaft ist“, wie die Badener Zeitung zum 27. November 1918 berichtete.
Während ihrer kurzen aktiven Zeit im Badener Gemeinderat engagierte sie sich gemeinsam mit den anderen Vertretern der sozialdemokratischen Arbeiterpartei für Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, der Armut und der Wohnungsnot. Am 10. März 1919 wurde ein von ihrer Fraktion eingebrachter Antrag betreffend Delogierung oder Ausmietung von Familien, Schaffung von Abhilfe durch Notstandswohnungen und Inangriffnahme von Bauten von Kleinwohnungen angenommen. In der vorausgegangenen Debatte ergriff auch Maria Brunner das Wort: „Die Wohnungsfrage ist für die armen Leute von jeher sehr dringend ... Es ist ja bekannt, dass die Kinder sich selbst überlassen sind und in den Häusern viel ruinieren, sie verlottern und stellen alles mögliche an. Was das Armen- und Waisenhaus anbelangt, so ist die Unterbringung nur momentan möglich, nicht aber auf die Dauer. Es ist notwendig, dass die Stadtgemeinde Baden als großer Kurort vorangeht bezüglich der Kleinwohnungen, Arbeiterhäuser, damit die Familien anständig wohnen können, wie es sich gehört. Denn es gibt Wohnungen, die kaum Wohnungen zu nennen sind. Der Herr Bürgermeister [= Dr. Franz Trenner] als Arzt wird in der Lage sein, sich ein Urteil über den Gesundheitszustand der zukünftigen Kinder, der Proletarierkinder zu bilden …“ (zit. nach Wagner).
Um für unterstandslose Familien Wohnraum zu schaffen, wurden die Baracken des ehemaligen Kriegsspitals herangezogen; die Lebensbedingungen dort waren aber katastrophal, wie Maria Brunner anlässlich eines weiteren Dringlichkeitsantrages am 7. April 1919 schilderte: „Ich habe mir die Baracken mit den Wohnungen angesehen. Es sind 34 Parteien mit 139 Personen, darunter Familien mit 5 bis 9 Kinder. Es wird der Dringlichkeitsantrag gestellt, weil bereits Beschwerden gelaufen sind. Ein großer Teil der Familien ist verlaust. Es sind Notwohnungen. Es wäre Pflicht gewesen, diese Baracken zu untersuchen, ob sie auch bewohnt werden können. Sie sind nicht gereinigt … Mir war den ganzen Tag übel vom Geruch … Es muss die Forderung nach sofortiger Remedur [Abhilfe, Beseitigung eines Missstandes] gestellt werden, damit nicht fürchterliche Krankheiten entstehen. Es sind nette Leute drinnen, die im Großen und Ganzen zu bedauern sind. Den netten und reinen Familien dort werden die Möbel verwanzt und verlaust. Die sozialdemokratische Fraktion muss an die Gemeindeverwaltung das Ersuchen stellen, dort draußen Ordnung zu schaffen …“ (zit. nach Wagner).
Weitere Aktivitäten Maria Brunners zielten auf die Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten auch für Frauen und auf eine Verbesserung der Entlohnung ab. So setzte sie sich dafür ein, dass die weiblichen und männlichen Angestellten in den Bädern endlich eine feste Entlohnung als Existenzminimum erhielten und nicht mehr nur auf Trinkgeld angewiesen wären. Sie kritisierte auch die Entlohnung, die für die Putzarbeiten in den Schulen vorgesehen war: „Bei dieser Beschäftigung kann man aber mit 6 K[ronen] nicht auskommen und es ist wahrscheinlich, dass hier der Unwille zum Ausbruche kommt. Wir alle tragen die Verantwortung, dass allen Menschen, die hier in Baden wohnen, die unsere Mitbürger sind, die Lebensmöglichkeit geboten wird. Wenn die Gemeinde auf dem Standpunkt steht, nicht wie die Kommune Wien eine Auszahlung der Arbeitslosenunterstützung aus ihren Mitteln vorzunehmen, so erwächst andererseits die Pflicht, für eine ausreichende Arbeitsmöglichkeit aller Arbeitslosen zur sorgen, d .i. auch für die Frauen und Mädchen.“ Sie richtete einen Apell an die wohlhabenden Bürger von Baden, mit Spenden Arbeitslose, Heimkehrer und Invalide zu unterstützen. Denn eine solche Hilfe wäre eine moralische Verpflichtung.
Bereits im Mai 1919 nahm sie auch ihre Tätigkeit als Abgeordnete im Landtag auf. Während der Loslösungsphase Wiens von Niederösterreich zwischen dem 11. November 1920 und dem 11. Mai 1921 gehörte sie der Kurie Niederösterreich Land an. Ihr Engagement dort ließ ihr immer weniger Zeit für die Arbeit im Gemeinderat. Als am 11. Juni 1919 die Neuwahl des Bürgermeisters und der geschäftsführenden Gemeinderäte stattfand, fand sich ihr Name nicht mehr auf der Liste. 1920 ließ sie sich scheiden; später heiratete sie wieder. Als Maria Kraichel blieb sie bis zum 20. Mai 1927 Abgeordnete zum Landtag.


© Stadtarchiv Baden

Text: Elisabeth Vavra
Quelle: Sabine Wagner, Marie Brunner – Badens erste Gemeinderätin, in: Badener Zuckerln – Aus der Arbeit des Stadtarchivs 33 (1912)
Bildnachweis: Stadtarchiv Baden

9. Juni 2014

Hermann J. Painitz. Selbstverständlich

AUSSTELLUNG ZEIT KUNST NIEDERÖSTERREICH | ST. PÖLTEN

HERMANN J. PAINITZ. SELBSTVERSTÄNDLICH

 29/03 - 24/08/2014


Hermann J. Painitz und Dieter Bogner, Foto: Helmut Lackinger
Die Präsentation der Monografie "Hermann J. Painitz. Selbstverständlich" am 18. Mai 2014 fand im Rahmen eines Künstlergespräches mit Dieter Bogner, dem bekannten Museumsplaner und Kunstsammler statt.
Gleich zu Beginn der gut besuchten Veranstaltung lobte Dieter Bogner das Verdienst der Zeit Kunst Niederösterreich, eine wissenschaftliche Abhandlung dieses Volumens über einen zeitgenössischen österreichischen Künstler herausgegeben zu haben. Immerhin umfasst das auf der Dissertation von Alexandra Schantl, der künstlerischen Leiterin der Zeit Kunst Niederösterreich, basierende Werk aus dem Kerber Verlag exakt 400 Seiten und stellt darin heimisches Kunstschaffen des 20. und 21. Jahrhunderts in einen internationalen Kontext. Weitere Textbeiträge des reich bebilderten Kataloges stammen von Adam Jankowski, Christian Theo Steiner, Thomas D. Trummer, Elisabeth von Samsonow und schließlich von Hermann J. Painitz selbst, der sich hier als nicht minder wortgewaltig denn im persönlichen Gespräch erweist. Dabei geben sowohl die Monografie als auch die gleichnamige Ausstellung einen Überblick über das Gesamtwerk des 1938 geborenen Künstlers, der als Verfechter einer "logischen" Kunst gilt.

Ausstellungsansicht 2014, ©Bildrecht, 
Wien 2014. Foto: Christoph Fuchs
Dass Hermann J. Painitz auch mit seinen 76 Jahren noch genügend revolutionären Geist besitzt, stellte er im Gespräch mit Dieter Bogner mehrfach unter Beweis, etwa als er aus seinen Manifesten vorlas, die die Zuhörer schon durch ihre Titel "Ist Kunst logisch?", "Jede Kunst ist logisch", "Kunst kann nicht logisch sein" herausfordern. Spätestens jetzt ist der Zusammenhang mit der Sprachphilosophie eines Ludwig Wittgenstein evident, genauso wie die Tatsache, dass die Kunst des Hermann J. Painitz sehr dem Denken verpflichtet ist. So nannte der Künstler die Struktur als Grundlage für die Nachvollziehbarkeit eines Kunstwerks, auf die die Materialien angewendet werden müssen. Als Auflösung der in seinen Manifesten gestellten Fragen, welche sich nach eigenen Aussagen gegen die Ewiggestrigen wenden, bezeichnete Hermann J. Painitz den Künstler als das einzig logische Produkt einer Gesellschaft überhaupt. Religion, Krieg, Konsum, Energie und Wissenschaft hingegen seien unlogisch.

Monografie „Hermann J. Painitz“, Foto: H. Lackinger
Dieter Bogner kritisierte die Trennung der Kunstgattungen im Museumssystem, das dem Werk von Künstlern, die in verschiedenen Medien arbeiteten, nicht gerecht würde und lobte zugleich, dass die Zeit Kunst Niederösterreich eine solche Zusammenschau jedoch ermögliche. Hermann J. Painitz forderte das Interesse aller Künstler an den Geisteswissenschaften und sprach sich insbesondere für eine Verbindung von Literatur und bildender Kunst aus.


Ausstellungsansicht 2014,  
© Bildrecht, Wien 2014. Foto: Christoph Fuchs
Die anschließende Dialogführung durch die Ausstellung mit Alexandra Schantl begann mit frühen Papierarbeiten des Künstlers aus den 1960er Jahren, die der gelernte Gold- und Silberschmied nach seiner Rückkehr aus London im Collageprinzip anfertigte. Werke wie "Zwei verschränkte Reihen auf sechs Blättern" aus dem Jahr 1963 basieren auf Zahlenreihen, denen Farben zugeordnet werden. Besonders interessant ist dabei, dass diese den Arbeiten zugrunde liegenden Notationen, in denen das Kunstwerk schon fertig gedacht ist, ebenso betrachtet werden können. Auch im Ausstellungsrundgang mit Hermann J. Painitz ist dessen rebellischer Geist immer wieder zu spüren, etwa als er vor seinem Werk "Entwürfe für die Planierung der Alpen" aus dem Jahr 1969 stehend "Den Gamsbart ab!" fordert.


Ausstellungsansicht 2014, ©Bildrecht, 
Wien 2014. Foto: Christoph Fuchs

Die meisten Arbeiten des Künstlers zeigen seine intensive Auseinandersetzung mit Zeichensystemen, was oft mit dem Weglassen von Überflüssigem einhergeht wie bei den Statistischen Personenporträts, bei denen die kleinste Form für die Existenz einer Person ihr Herzschlag ist. Die Idee von der nachvollziehbaren Struktur eines Kunstwerks wiederum führt direkt zur Objektsprache des Hermann J. Painitz, bei der eine kurze Erklärung genügt, um das verschlüsselte Werk lesbar zu machen. Bei den Hammer-, Brot- und Zangenalphabeten des Künstlers werden die konventionellen Buchstaben durch Objekte ersetzt, mit denen wiederum wie bei einem ganz gewöhnlichen Alphabet alles geschrieben und gelesen werden kann. Die Liebe des Künstlers zur Literatur spricht aus seinem Werk "Jonathan Swift" aus dem Jahr 1973, in dem er den Anfang von "Gullivers Reisen" textlich verschlüsselt, den Bogen zur Natur schließt sein zwischen 1987 und 1988 entstandener Grafikzyklus "Die Vögel". Hier fasziniert den Künstler ganz besonders die Farbverteilung am Gefieder der Tiere als deren Sprache.


Ausstellungsansicht 2014, ©Bildrecht, 
Wien 2014. Foto: Christoph Fuchs
Sowohl die Monografie "Hermann J. Painitz. Selbstverständlich" als auch die Ausstellung laden dazu ein, sich auf spielerische und gleichzeitig den Intellekt herausfordernde Art und Weise Gedanken über die Welt zu machen, in der wir leben.

Text: MMag. Ursula Düriegl


Ausstellungsansicht, 2014
© Bildrecht, Wien 2014. Foto: Konstantin Rössl

Ausstellungsort: Landesmuseum Niederösterreich, Shedhalle, Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Öffnungszeiten: Di - So, 9.00 – 17.00 Uhr, www.zeitkunstnoe.at

5. Juni 2014

Frauenportät #16

    #16 Lolita – Edith Zuser (1931 – 2010)

 
 
©Kulturabteilung der Stadt / Stadtmuseum
Die aus Spratzern stammende „Dita“ arbeitete als Kindergärtnerin, als Sachbearbeiterin in einer Spinnerei und als Zahnarztassistentin bevor sie unter dem Namen „Lolita“ ein internationaler Schlagerstar wurde.
Ihre Karriere hat - relativ spät - im Alter von 26 Jahren begonnen. Gesungen hat sie allerdings schon seit frühester Jugend, wobei sie von ihrer Mutter, die ebenfalls einen schönen Mezzosopran besaß, unterrichtet wurde. Ihr Vater nahm sie sonntags auch gerne mit ins Wirtshaus, wo sie auf den Tisch gestellt, so ziemlich alles sang, was sie damals kannte. Etwas geordneter ging es in der Kirche zu, wo sie bei Krippenspielen meist den Joseph sang.
1954 sang sie, bei einer Hochzeit eines Bekannten, im Dom St. Pölten das „Ave Maria“. Ihre Stimme sorgte für solche Furore, dass die Leute vom Markt in den Dom strömten und voller Begeisterung zuhörten. Auch sonst trat sie damals immer wieder bei lokalen Veranstaltungen auf, darunter Matineen im Parkkino, ehe sie 1956 bei einem Unterhaltungsabend in Wien für den erkrankten Gerhard Wendland einsprang und auf sich aufmerksam machte. Es folgte ein Vertrag als Backgroundsängerin in Wien, wobei sie jeden Abend um 2.00 Uhr nachts nach St. Pölten zurück kam und dort von ihrer Mutter mit dem Rad abgeholt wurde, ehe sie um 6.00 Uhr morgens wieder zu ihrer beruflichen Tätigkeit nach Harland aufbrach.
1957 gelang ihr schließlich mit dem Schlager „Weißer Holunder“ der Durchbruch, mit dem sie auch im gleichnamigen Film zu sehen war. Kurz darauf erhielt sie einen Plattenvertrag bei Polydor. Noch im selben Jahr eroberte sie mit „Der weiße Mond in Maratonga“ den 2. Platz der deutschen Hitparade. 1958 erhielt sie, ohne dass sie lang gefragt worden wäre, ihren neuen Namen „Lolita“. Lolita, die zuvor noch nie das Meer gesehen hatte, gelang ihr größter Charterfolg mit dem Lied „Seemann, deine Heimat ist das Meer“, das unter anderem von Freddy Quinn oder Andrea Berg gecovert wurde. Das Lied erreichte nicht nur in Deutschland Platz 2 in der Hitparade, sondern auch als 1. deutschsprachige Single Platz 5 in den amerikanischen Charts. Insgesamt wurden 2 Millionen Schallplatten dieses Titels verkauft, was ihr auch eine Goldene Schallplatte einbrachte.
In den späteren Jahren wandte sich die ausgezeichnete Sängerin dann verstärkt der volkstümlichen Musik zu und moderierte einschlägige Fernsehsendungen.
Lolita starb 2010 an den Folgen eines Krebsleidens in ihrer Wahlheimat Großgmain bei Salzburg. Sie verkaufte in ihrer Karriere weltweit mehr als 20 Millionen Schallplatten.

 
Bild: Kulturabteilung der Stadt / Stadtmuseum
Text: Büro für Diversität