Was bedeutet eigentlich „Gesundheit"? Laut Definition der WHO (= „World Health Organisation") ist „Gesundheit [ist] ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen." Und weiter heißt es: „Sich des bestmöglichen Gesundheitszustandes zu erfreuen ist ein Grundrecht jedes Menschen, ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Überzeugung, der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung."
In der Vergangenheit gab man sich da bescheidener. Noch war die Sorge um die eigene Gesundheit nicht zum Mittelpunkt des Lebens geworden, wie es heute manchmal der Fall ist. Zedlers „Universallexikon" (1735) und Krünitzs „Öconomische Encyclopädie", zwischen 1773 bis 1858 in 242 Bänden erschienen, definieren Gesundheit als „Der Zustand, da man gesund ist, d. i. da der Leib und dessen Glieder zu ihren Verrichtungen geschickt sind." Man fühlte sich also gesund, wenn man seine natürlichen Verrichtungen ungehindert ausüben konnte.
Neben Definitionen in Nachschlagewerken geben uns auch persönliche Aufzeichnungen aus der Vergangenheit Aufschluss darüber, wie Menschen mit Gesundheit und Krankheit umgegangen sind, ob und was sie für die Erhaltung der Gesundheit getan haben usw. Die Quellenbasis ist leider nur schmal und liefert uns in erster Linie Material zur Situation der oberen sozialen Schichten. Der Einzelne machte sich bereits in der frühen Neuzeit Gedanken darüber, was ihm gut, was ihm schlecht bekam. So vermerkt Kardinal Ernst Adalbert von Harrach (1598–1667) in seinen Tagebüchern bedauernd, dass ihm das an Völlerei grenzende Tafeln in den späten Abendstunden nicht mehr so recht bekam: „dan das vill eßen zur nacht, will meinen magen khein guett thuen." (Pfütsch, S. 21).
Die Schilderung seines Tagesablaufs in den folgenden Jahren zeigt, dass er mit zunehmendem Alter auf die spätabendlichen Gastereien verzichtete. War es zunächst nur eine diätische Maßnahme während Krankheiten, dass er abends allein „in camera" speiste, so wurde es später Teil seiner Gesundheitsvorsorge. Das heißt aber deshalb nicht, dass er sich immer strikt daran hielt.
Etwas anders in Sachen Ernährung verhielt sich der Kölner Ratsherr Hermann Weinsberg (1518–1597), der in seinen umfangreichen autobiographischen Aufzeichnungen immer wieder auch auf seinen Gesundheitszustand und alle damit verbundenen Maßnahmen einging. Er lebte zeit seines Lebens mäßig, beschränkte sich auf zwei Hauptmahlzeiten – morgens um elf und abends um sieben. Nach den Mahlzeiten gönnte er sich etwas Ruhe oder er machte Bewegung. Nicht verzichten konnte und wollte er auf alkoholische Getränke, mittags trank er einen halben Krug Bier und abends zwei bis drei Gläser Wein. Erst im Alter reduzierte er die Mengen.
Ernst Adalbert von Harrach schätzte die wohltuende Wirkung kühler Getränke. Selbst auf seinen zahlreichen Reisen wollte er darauf nicht verzichten und nahm immer ausreichend Eis zur Kühlung der Getränke mit. Entgegen der Gewohnheit seiner Zeitgenossen lehnte er übermäßigen Alkoholgenuss ab und beschränkte sich auf ähnliche Mengen wie Weinsberg verzeichnet. Übermäßiger Alkoholgenuss war für ihn eine gesundheitliche Gefährdung und eine Einschränkung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit.
Beide – der Kölner Patrizier und der Wiener Kirchenfürst – legten Wert auf einen geregelten Tagesablauf. Weinsberg stand morgens zwischen fünf und sechs Uhr auf und ging nach neun Uhr abends zu Bett. Auch Ernst Adalbert von Harrach zählte zu den Frühaufstehern und achtete selbst auf seinen zahlreichen Reisen darauf, genügend Schaf zu bekommen. Für beide waren Schlaf und Ruhephasen wichtige Mittel, um die Gesundheit zu erhalten. Aber auch die Menschen der frühen Neuzeit blieben von Schlafstörungen nicht verschont. Besorgt berichtet Hermann Weinsberg ab seinem 60. Lebensjahr von den alterstypischen Schlafstörungen. Nächtlicher Harndrang zwang ihn dazu, das Bett zu verlassen. So aus dem Schlaf gerissen gelang es ihm nur schwer, wieder einzuschlafen. Anderntags waren es liebestolle Kater und Katzen, die seine nächtliche Ruhe störten. Besorgt vermerkte er, dass er sich im Bett zehn- bis zwanzigmal von einer Seite auf die andere wälzte.
Auch Bewegung gehörte zu den gesundheitserhaltenden und -fördernden Maßnahmen: Wann immer Zeit und Gelegenheit dazu war, machte Ernst Adalbert von Harrach Spaziergänge, um so die frische Luft zu genießen: „Sein auf den abendt noch erst ein wenig auch in den Hoffgarten, dan es bedarf es woll das einer auf den abendt an den lufft gehe, sich ein wenig abzukhüeln." (Pfütsch, S. 28). Weitere Aufenthalte in der frischen Luft verschaffte ihm eine seiner Lieblingsfreizeitbeschäftigungen: das Kegeln. Wenn es das Wetter erlaubte, besuchte er seine Bekannte, um mit ihnen in ihren Gärten zu kegeln. Sicher stand im Vordergrund der gesellschaftliche Aspekt dieser Tätigkeit. Aber er schätzte auch die damit verbundene Bewegung in der frischen Luft und die Möglichkeit, den Körper durch diese Aktivität zu erwärmen: „Nachmittag, weill nichts anderes zuthuen gewesen, haben wier halt wider biß auf den abendt khegl geschoben, und unß bei dem feüchten khüelen wetter also gewermet." (Pfütsch, S. 30).
Mehrere Eintragungen in den Aufzeichnungen des Kardinals Ernst Adalbert von Harrach deuten darauf hin, dass er sich wohl des Zusammenhangs von Wetter und körperlichen Beschwerden bewusst war. Kühles Wetter machte ihm zu schaffen. Mit Bewegung hoffte er die körperliche Wärme zu steigern und so den drohenden Katharren vorzubeugen. Kegeln war bis ins hohe Alter für Ernst Adalbert von Harrach ein wichtiger Bestandteil seiner Gesundheitsvorsorge: „… und weill es auf den abendt schön gewesen, sein wier wider in den hoffgarten zu unser ordinari exercitio deß khegelscheibens, weill wier befunden daß unß diese bewegung vill zu erhaltung gueter gesundtheit dienet." (Pfütsch, S. 31).
In der kommenden Woche erfahren Sie mehr über angeblich gesundheitsfördernde Maßnahmen, die der inneren Reinigung des Körpers dienten.
Quellen:
Robert Jütte, Ärzte, Heiler und Patienten. Medizinischer Alltag in der frühen Neuzeit. München 1991.
Pierre Pfütsch, Aderlass, Purgation und Maulbeersaft. Gesundheit und Krankheit bei Ernst Adalbert von Harrach (1598–1667) (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 57). Innsbruck-Wien-Bozen 2013.
Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra
In der Vergangenheit gab man sich da bescheidener. Noch war die Sorge um die eigene Gesundheit nicht zum Mittelpunkt des Lebens geworden, wie es heute manchmal der Fall ist. Zedlers „Universallexikon" (1735) und Krünitzs „Öconomische Encyclopädie", zwischen 1773 bis 1858 in 242 Bänden erschienen, definieren Gesundheit als „Der Zustand, da man gesund ist, d. i. da der Leib und dessen Glieder zu ihren Verrichtungen geschickt sind." Man fühlte sich also gesund, wenn man seine natürlichen Verrichtungen ungehindert ausüben konnte.
IMAREAL - Krems: Die Hausmutter beim Zubereiten von Arzneien. Kupferstich aus der "Georgica Curiosa", Nürnberg 1716 |
Neben Definitionen in Nachschlagewerken geben uns auch persönliche Aufzeichnungen aus der Vergangenheit Aufschluss darüber, wie Menschen mit Gesundheit und Krankheit umgegangen sind, ob und was sie für die Erhaltung der Gesundheit getan haben usw. Die Quellenbasis ist leider nur schmal und liefert uns in erster Linie Material zur Situation der oberen sozialen Schichten. Der Einzelne machte sich bereits in der frühen Neuzeit Gedanken darüber, was ihm gut, was ihm schlecht bekam. So vermerkt Kardinal Ernst Adalbert von Harrach (1598–1667) in seinen Tagebüchern bedauernd, dass ihm das an Völlerei grenzende Tafeln in den späten Abendstunden nicht mehr so recht bekam: „dan das vill eßen zur nacht, will meinen magen khein guett thuen." (Pfütsch, S. 21).
Die Schilderung seines Tagesablaufs in den folgenden Jahren zeigt, dass er mit zunehmendem Alter auf die spätabendlichen Gastereien verzichtete. War es zunächst nur eine diätische Maßnahme während Krankheiten, dass er abends allein „in camera" speiste, so wurde es später Teil seiner Gesundheitsvorsorge. Das heißt aber deshalb nicht, dass er sich immer strikt daran hielt.
Etwas anders in Sachen Ernährung verhielt sich der Kölner Ratsherr Hermann Weinsberg (1518–1597), der in seinen umfangreichen autobiographischen Aufzeichnungen immer wieder auch auf seinen Gesundheitszustand und alle damit verbundenen Maßnahmen einging. Er lebte zeit seines Lebens mäßig, beschränkte sich auf zwei Hauptmahlzeiten – morgens um elf und abends um sieben. Nach den Mahlzeiten gönnte er sich etwas Ruhe oder er machte Bewegung. Nicht verzichten konnte und wollte er auf alkoholische Getränke, mittags trank er einen halben Krug Bier und abends zwei bis drei Gläser Wein. Erst im Alter reduzierte er die Mengen.
Tafel, Foto: thinkstock (Mitja Derenda) |
Ernst Adalbert von Harrach schätzte die wohltuende Wirkung kühler Getränke. Selbst auf seinen zahlreichen Reisen wollte er darauf nicht verzichten und nahm immer ausreichend Eis zur Kühlung der Getränke mit. Entgegen der Gewohnheit seiner Zeitgenossen lehnte er übermäßigen Alkoholgenuss ab und beschränkte sich auf ähnliche Mengen wie Weinsberg verzeichnet. Übermäßiger Alkoholgenuss war für ihn eine gesundheitliche Gefährdung und eine Einschränkung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit.
Beide – der Kölner Patrizier und der Wiener Kirchenfürst – legten Wert auf einen geregelten Tagesablauf. Weinsberg stand morgens zwischen fünf und sechs Uhr auf und ging nach neun Uhr abends zu Bett. Auch Ernst Adalbert von Harrach zählte zu den Frühaufstehern und achtete selbst auf seinen zahlreichen Reisen darauf, genügend Schaf zu bekommen. Für beide waren Schlaf und Ruhephasen wichtige Mittel, um die Gesundheit zu erhalten. Aber auch die Menschen der frühen Neuzeit blieben von Schlafstörungen nicht verschont. Besorgt berichtet Hermann Weinsberg ab seinem 60. Lebensjahr von den alterstypischen Schlafstörungen. Nächtlicher Harndrang zwang ihn dazu, das Bett zu verlassen. So aus dem Schlaf gerissen gelang es ihm nur schwer, wieder einzuschlafen. Anderntags waren es liebestolle Kater und Katzen, die seine nächtliche Ruhe störten. Besorgt vermerkte er, dass er sich im Bett zehn- bis zwanzigmal von einer Seite auf die andere wälzte.
Auch Bewegung gehörte zu den gesundheitserhaltenden und -fördernden Maßnahmen: Wann immer Zeit und Gelegenheit dazu war, machte Ernst Adalbert von Harrach Spaziergänge, um so die frische Luft zu genießen: „Sein auf den abendt noch erst ein wenig auch in den Hoffgarten, dan es bedarf es woll das einer auf den abendt an den lufft gehe, sich ein wenig abzukhüeln." (Pfütsch, S. 28). Weitere Aufenthalte in der frischen Luft verschaffte ihm eine seiner Lieblingsfreizeitbeschäftigungen: das Kegeln. Wenn es das Wetter erlaubte, besuchte er seine Bekannte, um mit ihnen in ihren Gärten zu kegeln. Sicher stand im Vordergrund der gesellschaftliche Aspekt dieser Tätigkeit. Aber er schätzte auch die damit verbundene Bewegung in der frischen Luft und die Möglichkeit, den Körper durch diese Aktivität zu erwärmen: „Nachmittag, weill nichts anderes zuthuen gewesen, haben wier halt wider biß auf den abendt khegl geschoben, und unß bei dem feüchten khüelen wetter also gewermet." (Pfütsch, S. 30).
Mehrere Eintragungen in den Aufzeichnungen des Kardinals Ernst Adalbert von Harrach deuten darauf hin, dass er sich wohl des Zusammenhangs von Wetter und körperlichen Beschwerden bewusst war. Kühles Wetter machte ihm zu schaffen. Mit Bewegung hoffte er die körperliche Wärme zu steigern und so den drohenden Katharren vorzubeugen. Kegeln war bis ins hohe Alter für Ernst Adalbert von Harrach ein wichtiger Bestandteil seiner Gesundheitsvorsorge: „… und weill es auf den abendt schön gewesen, sein wier wider in den hoffgarten zu unser ordinari exercitio deß khegelscheibens, weill wier befunden daß unß diese bewegung vill zu erhaltung gueter gesundtheit dienet." (Pfütsch, S. 31).
In der kommenden Woche erfahren Sie mehr über angeblich gesundheitsfördernde Maßnahmen, die der inneren Reinigung des Körpers dienten.
Quellen:
Robert Jütte, Ärzte, Heiler und Patienten. Medizinischer Alltag in der frühen Neuzeit. München 1991.
Pierre Pfütsch, Aderlass, Purgation und Maulbeersaft. Gesundheit und Krankheit bei Ernst Adalbert von Harrach (1598–1667) (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 57). Innsbruck-Wien-Bozen 2013.
Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra
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