ZEIT KUNST NIEDERÖSTERREICH
RUDOLF POLANSZKY. TRANSLINEARE STRUKTUREN
31/05 - 18/10/2015
Hinter den Kulissen in der Dominikanerkirche Krems
FRANZ XAVER ÖLZANT. IDEE - PROZESS - FORM
28/03 - 23/08/2015
Buchpräsentation und Dialogführung am Internationalen Museumstag 2015
Über den Künstler und die Ausstellung
HERMANN J. PAINITZ. SELBSTVERSTÄNDLICH
29/03 - 24/08/2014
Präsentation der Monografie und anschließende Dialogführung
GUNTER DAMISCH. FELDER, WELTEN (UND NOCH WEITER)
23/11/2013 - 23/02/2014
Dialogführung und über die Ausstellung
Landesmuseum Niederösterreich - Sonderausstellungen
Malerische Wallfahrt nach Mariazell
in Aquarellen von Eduard Gurk
26.10.2014 - 22.03.2015
Lilienfeld und Marktl
Die heiligen Berge: Annaberg
Malerische Wallfahrt aus Sicht der Konservatoren und Restauratoren
Pilgern mit Eduard Gurk
Landesmuseum Niederösterreich - Kunstbereich
Alle Originale finden Sie im Landesmuseum im Kunstbereich. Die Texte stammen aus dem Katalog: Waldmüller bis Schiele. Meisterwerke aus dem NÖ Landesmuseum vom Biedermeier zum Expressionismus, 2002
Franz Steinfeld (1787–1868)Blick auf den Hallstätter See, 1824
Öl auf Holz, li. unten sign. und dat. »Steinfeld 1824.«
Öl auf Holz, li. unten sign. und dat. »Steinfeld 1824.«
© Land Niederösterreich, Landessammlung Niederösterreich
Franz Steinfelds Gemälde zeigt eine Partie am Hallstätter See mit Blick nach Nordost gegen den Hohen Sarstein. Oberhalb der Bootshäuser am linken Seeufer sind mehrere an den Hang gebaute Bauernhäuser mit abgewalmten Schindeldächern und Holzveranden im Dachgeschoß zu sehen, zu denen aus dem Vordergrund ein Pfad führt. Nur wenige Staffagefiguren beleben die Szene. Die rechte Bildhälfte widmete Steinfeld ganz dem Eindruck der Berg- und Seenwelt. Meisterlich gelang es dem Künstler die Lichtstimmung einzufangen, die das bebaute Ufer im Sonnenlicht, Vordergrund, Berge und Teile des Sees dagegen im Schatten zeigt.
Steinfeld hatte sich nach seiner Ausbildung an der Wiener Akademie vor allem durch intensives Naturstudium in der Umgebung Wiens und Kopieren von Landschaftsbildern der Niederländer, insbesondere Jacob van Ruisdaels, weitergebildet. Schon in seinen Frühwerken ist die schrittweise Abkehr von der traditionellen Landschaftskomposition barocker Prägung zu beobachten. Im Blick auf den Hallstätter See von 1824, der keine komponierte Ideallandschaft, sondern einen vom Künstler individuell ausgewählten, realen, in seiner Idealität von der Natur vorgegebenen Landschaftsausschnitt zeigt, ist diese Entwicklung endgültig vollzogen. Steinfelds Gemälde wird daher allgemein als das »Geburtsbild« der biedermeierlichen Landschaftsmalerei angesehen.
Die Besonderheit der Leistung Steinfelds fiel schon seinen Zeitgenossen auf. Der Blick auf den Hallstätter See wurde erstmals in der Akademie-Ausstellung von 1826 präsentiert, wo er unerhörtes Aufsehen erregte. In seiner Geschichte der neueren deutschen Kunst, die in Übersetzung aus dem Französischen von Friedrich Heinrich von der Hagen 1836 bis 1842 in Berlin erschien, notierte Athanasius Graf Raczy´nski: »In Wien behauptete sich die bisherige Darstellungsweise lange, und selbst Rebells herrliche Schöpfungen hätten sie nicht entwurzeln können, wäre nicht zu gleicher Zeit im Jahre 1826 Steinfeld mit seinem berühmt gewordenen Hallstätter See aufgetreten. Die frappierende Naturwahrheit, die imposante Großartigkeit in diesem Bilde gab schnell den Anstoß zur neuen Richtung, und bereits im Jahre 1830 hatte sich eine große Menge jüngerer Künstler herangebildet, welche sich mit Ansichten aus den Alpengegenden zu überbieten suchten.«
Franz Steinfeld muß daher nicht nur als Wegbereiter des biedermeierlichen Realismus in der Landschaftsmalerei gewürdigt werden, sondern auch als Entdecker der Alpen für die Malerei. Fast alljährlich hielt er sich nun im Salzkammergut auf, wo seine schönsten Arbeiten entstanden. Die Liebe zur Bergwelt vermittelte er ab 1845 als Leiter der Landschaftsmalerschule an der Wiener Akademie auch seinen Schülern, zu denen unter anderem Ludwig Halauska, Adolf Obermüllner, Eduard Peithner von Lichtenfels, August Schaeffer von Wienwald und Josef Holzer zählten.
WK, S. 68
Steinfeld hatte sich nach seiner Ausbildung an der Wiener Akademie vor allem durch intensives Naturstudium in der Umgebung Wiens und Kopieren von Landschaftsbildern der Niederländer, insbesondere Jacob van Ruisdaels, weitergebildet. Schon in seinen Frühwerken ist die schrittweise Abkehr von der traditionellen Landschaftskomposition barocker Prägung zu beobachten. Im Blick auf den Hallstätter See von 1824, der keine komponierte Ideallandschaft, sondern einen vom Künstler individuell ausgewählten, realen, in seiner Idealität von der Natur vorgegebenen Landschaftsausschnitt zeigt, ist diese Entwicklung endgültig vollzogen. Steinfelds Gemälde wird daher allgemein als das »Geburtsbild« der biedermeierlichen Landschaftsmalerei angesehen.
Die Besonderheit der Leistung Steinfelds fiel schon seinen Zeitgenossen auf. Der Blick auf den Hallstätter See wurde erstmals in der Akademie-Ausstellung von 1826 präsentiert, wo er unerhörtes Aufsehen erregte. In seiner Geschichte der neueren deutschen Kunst, die in Übersetzung aus dem Französischen von Friedrich Heinrich von der Hagen 1836 bis 1842 in Berlin erschien, notierte Athanasius Graf Raczy´nski: »In Wien behauptete sich die bisherige Darstellungsweise lange, und selbst Rebells herrliche Schöpfungen hätten sie nicht entwurzeln können, wäre nicht zu gleicher Zeit im Jahre 1826 Steinfeld mit seinem berühmt gewordenen Hallstätter See aufgetreten. Die frappierende Naturwahrheit, die imposante Großartigkeit in diesem Bilde gab schnell den Anstoß zur neuen Richtung, und bereits im Jahre 1830 hatte sich eine große Menge jüngerer Künstler herangebildet, welche sich mit Ansichten aus den Alpengegenden zu überbieten suchten.«
Franz Steinfeld muß daher nicht nur als Wegbereiter des biedermeierlichen Realismus in der Landschaftsmalerei gewürdigt werden, sondern auch als Entdecker der Alpen für die Malerei. Fast alljährlich hielt er sich nun im Salzkammergut auf, wo seine schönsten Arbeiten entstanden. Die Liebe zur Bergwelt vermittelte er ab 1845 als Leiter der Landschaftsmalerschule an der Wiener Akademie auch seinen Schülern, zu denen unter anderem Ludwig Halauska, Adolf Obermüllner, Eduard Peithner von Lichtenfels, August Schaeffer von Wienwald und Josef Holzer zählten.
WK, S. 68
Anton Romako (1832–1889)
Mädchen mit Kaninchen (Das Lieblingskaninchen),
um 1877
Öl auf Leinen, re. unten sign. »N. Okamor«
© Land Niederösterreich, Landessammlung Niederösterreich
Anton Romakos Stellung innerhalb der österreichischen Malerei des 19. Jahrhunderts ist heute unumstritten. Er gilt als der wesentliche Erneuerer der Figurenmalerei, als Impulsgeber der heimischen Moderne, als ein Künstler, der immer unbeirrbarer an neuen Inhalten der Staffeleimalerei gearbeitet hat.
Das Lieblingskaninchen – ein Titel, den wir aus guten Gründen hier einführen möchten – ist nun ein hervorragendes, außerordentlich schönes Beispiel, um das Gesagte zu beweisen. Ist es doch in allen Belangen »neu«, ungewöhnlich und trotzdem gültig, für die weitere Entwicklung der bildenden Kunst verbindlich. Das Motiv ist durchaus traditionell, ja genrehaft idyllisch. Ein kleines Mädchen hält ihr Lieblingstier im Arm. Ein altes, oft dargestelltes Thema. Und trotzdem gelingt Romako ein modernes Bild; eine zeitgerechte Ausformung kindlicher Tierliebe mit all ihren heimlichen Botschaften: dem Bedürfnis nach Zärtlichkeit, dem unbedingten Vertrauen, der Freundschaft, der Ernsthaftigkeit, dem Wunsch nach Schutz. Unprätentiös und fern ab aller falschen Töne werden hier Gefühle von großer Reinheit und Ursprünglichkeit aufgerufen.
Die neue, neugesehene Wahrheit der Inhalte wird begleitet von neuen Stilmitteln. Nicht nur die Farben sind gedeckter als bisher üblich, auch die Handschrift ist neu. Malerisches wie Zeichnerisches werden herausgearbeitet und in Spannung gebracht. Die Klarheit der Linie und das Unbestimmte der Farbe halten einander die Waage, suchen ein Gleichgewicht. Romako verzichtet auch auf die Räumlichkeit. Wie eine Tapete hinterfangen Busch und Baum, der aufsteigende Efeu, der nicht differenzierte Untergrund das ernst aus dem Bild blickende Mädchen, umhüllen es und schützen es.
Warum Anton Romako hier seinen umgedrehten Namen als Pseudonym benutzt hat, wissen wir nicht. Wir wissen nur, daß es noch zwei andere Bilder gibt, die mit diesem in engem Zusammenhang stehen (Mädchen mit Fliederstrauß, Novotny 202; und Die Lieblingshenne, Novotny 203). Auch diese weisen diese sonderbare Signatur auf. Vielleicht wollte Romako neu beginnen. War er doch gerade erst nach Wien zurückgekehrt, nach zwanzig Jahren Romaufenthalt und der mißtrauischen Vermutung, daß man ihn hier – in der Stadt Hans Makarts – unter seinem wirklichen Namen nicht so recht wertschätzen werde. Alte Rivalitäten dürften da ausschlaggebend gewesen sein.
Wie auch immer: Das Lieblingskaninchen ist – als Teil einer bildnerischen Trilogie – ein Hauptwerk seines Neubeginns in Wien; und als solches auch möglicherweise eines jener Bilder, das einen ganz großen der heimischen Moderne, Oskar Kokoschka, in seiner Kunst beeinflußt hat. Hat doch Kokoschka in seiner Autobiographie nur einen Maler als wirklich wichtiges Vorbild gelten lassen: Anton Romako.
um 1877
Öl auf Leinen, re. unten sign. »N. Okamor«
© Land Niederösterreich, Landessammlung Niederösterreich
Anton Romakos Stellung innerhalb der österreichischen Malerei des 19. Jahrhunderts ist heute unumstritten. Er gilt als der wesentliche Erneuerer der Figurenmalerei, als Impulsgeber der heimischen Moderne, als ein Künstler, der immer unbeirrbarer an neuen Inhalten der Staffeleimalerei gearbeitet hat.
Das Lieblingskaninchen – ein Titel, den wir aus guten Gründen hier einführen möchten – ist nun ein hervorragendes, außerordentlich schönes Beispiel, um das Gesagte zu beweisen. Ist es doch in allen Belangen »neu«, ungewöhnlich und trotzdem gültig, für die weitere Entwicklung der bildenden Kunst verbindlich. Das Motiv ist durchaus traditionell, ja genrehaft idyllisch. Ein kleines Mädchen hält ihr Lieblingstier im Arm. Ein altes, oft dargestelltes Thema. Und trotzdem gelingt Romako ein modernes Bild; eine zeitgerechte Ausformung kindlicher Tierliebe mit all ihren heimlichen Botschaften: dem Bedürfnis nach Zärtlichkeit, dem unbedingten Vertrauen, der Freundschaft, der Ernsthaftigkeit, dem Wunsch nach Schutz. Unprätentiös und fern ab aller falschen Töne werden hier Gefühle von großer Reinheit und Ursprünglichkeit aufgerufen.
Die neue, neugesehene Wahrheit der Inhalte wird begleitet von neuen Stilmitteln. Nicht nur die Farben sind gedeckter als bisher üblich, auch die Handschrift ist neu. Malerisches wie Zeichnerisches werden herausgearbeitet und in Spannung gebracht. Die Klarheit der Linie und das Unbestimmte der Farbe halten einander die Waage, suchen ein Gleichgewicht. Romako verzichtet auch auf die Räumlichkeit. Wie eine Tapete hinterfangen Busch und Baum, der aufsteigende Efeu, der nicht differenzierte Untergrund das ernst aus dem Bild blickende Mädchen, umhüllen es und schützen es.
Warum Anton Romako hier seinen umgedrehten Namen als Pseudonym benutzt hat, wissen wir nicht. Wir wissen nur, daß es noch zwei andere Bilder gibt, die mit diesem in engem Zusammenhang stehen (Mädchen mit Fliederstrauß, Novotny 202; und Die Lieblingshenne, Novotny 203). Auch diese weisen diese sonderbare Signatur auf. Vielleicht wollte Romako neu beginnen. War er doch gerade erst nach Wien zurückgekehrt, nach zwanzig Jahren Romaufenthalt und der mißtrauischen Vermutung, daß man ihn hier – in der Stadt Hans Makarts – unter seinem wirklichen Namen nicht so recht wertschätzen werde. Alte Rivalitäten dürften da ausschlaggebend gewesen sein.
Wie auch immer: Das Lieblingskaninchen ist – als Teil einer bildnerischen Trilogie – ein Hauptwerk seines Neubeginns in Wien; und als solches auch möglicherweise eines jener Bilder, das einen ganz großen der heimischen Moderne, Oskar Kokoschka, in seiner Kunst beeinflußt hat. Hat doch Kokoschka in seiner Autobiographie nur einen Maler als wirklich wichtiges Vorbild gelten lassen: Anton Romako.
HG, S. 114
Oskar Kokoschka (1886–1980)Selbstbildnis mit Stock, 1935
Öl auf Leinen, li. unten monogr. »OK«
Öl auf Leinen, li. unten monogr. »OK«
© Land Niederösterreich, Landessammlung Niederösterreich
Betroffen durch den Tod der Mutter und zutiefst erschüttert über die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Wien, ging Oskar Kokoschka 1934 nach Prag, wo er bis zu seiner Emigration nach England im Jahr 1938 blieb. Als Hauptwerke seines malerischen Schaffens dieser Zeit entstanden in Prag neben sechzehn großen Stadtlandschaften das Porträt des tschechischen Staatspräsidenten Thomas Garrigue Masaryk und jenes von Olda Palkovska, seiner späteren Frau.
1935 malte Kokoschka das Selbstbildnis mit Stock. Die Rechte auf einen Stock gestützt, mit brauner Jacke und Hut bekleidet, stellte er sich als rastender Wanderer in idyllischer Landschaft dar. Sein Blick ist sinnend in die Ferne gerichtet, die linke Hand nachdenklich an das Kinn geführt. Dieses Gemälde ist sicher eines der stillsten und gleichzeitig eines der beseeltesten Selbstporträts Oskar Kokoschkas. Es spricht durch helle, freundliche Farben und ist doch als Ausdruck seiner psychischen Verfassung zu verstehen, die in dieser Zeit geprägt war durch Trauer über den Verlust der Mutter, Erschütterung über die politische Entwicklung in Europa, Zweifel und Orientierungslosigkeit.
Im Juni 1935 hatte die tschechische Regierung ein Ausländergesetz erlassen, das allen Emigranten politische Betätigung strengstens untersagte. Durch Intervention Masaryks erhielt Kokoschka noch im selben Jahr die tschechische Staatsbürgerschaft verliehen, die ihm erlaubte, auch in Prag zu den Ereignissen in Österreich und Nazideutschland Stellung zu nehmen. Die erste große Personalausstellung in Österreich, 1937 von den Austrofaschisten veranstaltet, boykottierte Oskar Kokoschka durch sein Fernbleiben. Im selben Jahr wurde er in München im Haus der Kunst zum »entarteten« Künstler abgestempelt. Kokoschka reagierte prompt darauf, mit seinem Selbstbildnis als entarteter Künstler.
WK, S. 194
1935 malte Kokoschka das Selbstbildnis mit Stock. Die Rechte auf einen Stock gestützt, mit brauner Jacke und Hut bekleidet, stellte er sich als rastender Wanderer in idyllischer Landschaft dar. Sein Blick ist sinnend in die Ferne gerichtet, die linke Hand nachdenklich an das Kinn geführt. Dieses Gemälde ist sicher eines der stillsten und gleichzeitig eines der beseeltesten Selbstporträts Oskar Kokoschkas. Es spricht durch helle, freundliche Farben und ist doch als Ausdruck seiner psychischen Verfassung zu verstehen, die in dieser Zeit geprägt war durch Trauer über den Verlust der Mutter, Erschütterung über die politische Entwicklung in Europa, Zweifel und Orientierungslosigkeit.
Im Juni 1935 hatte die tschechische Regierung ein Ausländergesetz erlassen, das allen Emigranten politische Betätigung strengstens untersagte. Durch Intervention Masaryks erhielt Kokoschka noch im selben Jahr die tschechische Staatsbürgerschaft verliehen, die ihm erlaubte, auch in Prag zu den Ereignissen in Österreich und Nazideutschland Stellung zu nehmen. Die erste große Personalausstellung in Österreich, 1937 von den Austrofaschisten veranstaltet, boykottierte Oskar Kokoschka durch sein Fernbleiben. Im selben Jahr wurde er in München im Haus der Kunst zum »entarteten« Künstler abgestempelt. Kokoschka reagierte prompt darauf, mit seinem Selbstbildnis als entarteter Künstler.
WK, S. 194
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