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Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

25. Februar 2016

Kriegsschauplatz NÖ - Ein „Kreuzzug“ in Niederösterreich



Am Vormittag des 6. Juli 1415 loderte in Konstanz der Scheiterhaufen: Auf ihm verbrannte der böhmische Theologe und Reformator Jan Hus. Das Konzil zu Konstanz hatte ihn als Häretiker zum Feuertod verurteilt, da er standhaft bei seinen Lehren geblieben war und einen öffentlichen Widerruf abgelehnt hatte. Seine Spuren sollten nun auf ewig ausgelöscht werden: Seine Asche streuten sie in den Rhein.

Ausstellungsansicht Kriegsschauplatz NÖ
Foto: Gerald Lechner
Hus war zwar tot, seine Lehre aber lebte weiter. Er und sein Parteigänger Hieronymus, der im Jahr danach den Feuertod erlitten hatte, wurden für ihre Anhänger zu Märtyrern ihres Glaubens. Eine Welle der Empörung erfasste die böhmischen Länder. Die Stände ergriffen Partei für Hus bzw. seine Anhänger – die Hussiten. Nicht nur religiöse Differenzen waren schuld an dem nun ausbrechenden Bürgerkrieg; er wurde auch von nationalen Konflikten getragen. Ihre Gegner sahen die Aufständischen im böhmischen König Wenzel bzw. dessen Bruder Sigismund, seit 1411 römisch-deutscher König, und in der katholischen Kirche. Die Brüder Wenzel und Sigismund entstammten dem Hause Luxemburg, einem deutschen Adelsgeschlecht, das seit Anfang des 14. Jahrhunderts in Böhmen regierte.
1419 fiel Prag in die Hand der Rebellen. Bereits während der ersten Wochen des Aufstandes erlag König Wenzel einem Schlaganfall. Der noch weniger beliebte Bruder Sigismund kämpfte nun um seine Ansprüche. Er suchte Unterstützung beim Papst, der 1420 zum ersten Kreuzzug gegen die Hussiten aufrief. Die militärischen Erfolge blieben aus. Den Hussiten gelang es durch militärische und politische Erfolge ihre Position weiter zu festigen. Verbündete fand die Rebellion, die zunächst von sozialen Unterschichten getragen worden war, nun auch in so manchem böhmischen oder mährischen Adeligen, der sich auf den Feldzügen reiche Beute erhoffte, vor allem bei den Plünderungen der Kirchen und Klöstern. 

Im Sommer 1421 hielten die Hussiten einen revolutionären Landtag ab, bei dem sie Sigismund das Recht auf die böhmische Krone absprachen. Dieser suchte nun weitere Verbündete und fand sie u.a. auch im österreichischen Herzog Albrecht V., der nun mit Truppen in Mähren intervenierte. Der Kampf gestaltete sich schwierig, schließlich überschritten hussitische Truppen die Grenze und standen vor den Mauern der Stadt Retz:

„Anno 1425, am St. Katharinen-Tag, haben die Hussiten – nämlich die Taboriten, die Waisen, die Prager und die Landherren – die Stadt Retz gewonnen. Sie untergruben sie, da sie die Stadt nicht im Sturm nehmen konnten. Der Feinde waren nach guter Schätzung, mehr als 100.000 Soldaten. Sie fingen den Grafen Johann von Maydburg und wohl 6.000 Mann, Edle und Bauern, in der Burg von Retz und führten sie gefangen nach Prag. Und sie haben in der Stadt mehr als 6.000 Mann erschlagen und brannten die Stadt aus und auch die Häuser. Und sie zerstörten mehr als 30 Kirchen und verwüsteten auch Pulkau mit Brand und Raub, töteten hier aber niemand.“


Die Zahlen des Chronisten sind sicher übertrieben, sie zeugen aber von der großen Angst der 
Zeitgenossen vor den aus dem Norden vordringenden Hussiten. Im Jahr danach verstärkten die 

Hussiten ihren militärischen Druck gegen Österreich weiter. Lundenburg fiel in ihre Hände. Von dort führten sie ein Schreckensregiment mit Plünderungen und gewaltsamen Steuereintreibungen. Noch im selben Jahr fielen sie im westlichen Waldviertel ein und überschritten bei Weitra die Grenze, beschossen die Stadt Zwettl, raubten und verwüsteten das Stift Zwettl. Im März des folgenden Jahres – 1427 – standen sie wieder vor Zwettl. Sie wüteten wieder und zogen dann nach Stift Altenburg weiter, das sie ebenfalls ausplünderten und devastierten.

Von der Situation im Land berichtet der Altenburger Chronist:

„Denn die verruchten Ketzer haben seit dieser Zeit Österreich mehrere Jahre hindurch immer wieder überfallen und in der Nähe des Klosters [Altenburg] ihr Lager aufgeschlagen, von wo aus sie viel Unheil stifteten. Sie stürzten die Bauern in Armut, brachten etliche mit ihren Schwertern um, führten andere gefesselt fort und haben die Verschleppten später oft ebenfalls getötet. Dadurch wurde der Gottesdienst gemindert und die Einkünfte des Klosters gingen derart zurück, dass man kaum mit einem Drittel des früheren Ertrages rechnen konnte. Der Landbau wurde unterbrochen, weil sie dem Kloster gehörenden Pferde und Pflüge wegschleppten, aber auch aus Angst vor den in der Nähe gelegenen Stützpunkten der Häretiker in Thaya, Pullitz und Fronsburg. Von da kamen sie oft herüber, so dass man sie fast täglich bei uns sehen konnte. Im Jahr 1430 nahmen sie sechsunddreißig Stück Zugvieh und sechs Pferde weg und entführten drei Bedienstete des Klosters nach Thaya […].

Da die böhmischen Länder bereits total ausgeblutet waren, versorgten sich die Hussiten nun im Wald- und Weinviertel mit Steuergeldern, Proviant, Zugtieren und Pferden. Auf ihren Streifzügen drangen die Hussiten bis ins Kamptal vor, verwüsteten dabei u.a. Zöbing. Im Mai und Juni 1428 
Ausstellungsansicht Kriegsschauplatz Niederösterreich
Foto: Gerald Lechner
erreichten sie die Donau bei Wien; bei Jedlesee schlugen sie eine ihrer Wagenburgen auf und beschossen die Dörfer diesseits und jenseits des Stromes; dann zogen sie nach Stockerau weiter. Zur selben Zeit kam es auch zu Raubzügen im heutigen Oberösterreich; dabei wurden die Klöster Baumgartenberg und Waldhausen zerstört. Im November standen Hussiten vor Eggenburg, scheiterten allerdings an der heftigen Gegenwehr.   
        
Beide Seiten – Hussiten und Herzog Albrecht mit seinen Verbündeten – wurden langsam kriegsmüde; sie kämpften mit letzten Reserven in einem ausgebluteten Land. Daher versuchte man nun auf dem Verhandlungsweg zu einer Lösung zu kommen. Allerdings waren die Bedingungen von Seiten der Aufständischen unannehmbar. Der Krieg ging weiter. Im April 1439 wurde wieder Eggenburg belagert. Das Land und mit ihm seine Verteidigung gerieten in eine immer größere Krise, die schließlich zu einer Reform der Landesverteidigung führte. 1431 und 1432 wurden Aufgebotsordnungen erlassen, die die Rekrutierung von Bauern vorsahen und detaillierte Angaben zu Ausrüstung und Bewaffnung enthielten. Letztere lassen erkennen, dass man sich in manchen die neue Kampftechnik der Hussiten zu eigen machte, die ja mit Wagenburgen kämpften:

„Die ausgehobenen „Zehner“ werden zu Gruppen von zwanzig Mann zusammengefasst, die einem Kriegswagen zugeteilt sind. Die Wagen sollen mit einer Deichsel und mit mindestens drei Längsbrettern versehen sein sowie eine fünfzehn Schuh lange Kette mitführen, die an einem Ende mit einem Ring und am anderen mit einem eisernen Haken versehen ist. Die Bespannung besteht aus vier Pferden.
[…]
Die zwanzigköpfige Wagenbesatzung soll neben dem Fuhrmann aus drei Büchsenschützen, acht Armbrustschützen, vier mit Spießen und vier mit Drischeln bewaffneten Männer bestehen. Jeder soll außerdem ein Schwert, ein Messer, einen Eisenhut, ein Paar Blechhandschuhe und einen Brustpanzer oder eine Schießjoppen mitbringen.
[…]
Jeder Wagen führt eine eiserne Ration an Brot, Käse, Speck und Rindfleisch sowie einen Eimer Wein mit. Dieser Vorrat wird nur dann aufgezehrt, wenn es nichts zu kaufen oder zu requirieren gibt.“

Während Herzog Albrecht 1431 wieder einen Feldzug nach Mähren unternahm, fiel im Gegenzug ein hussitischer Heerhaufen in Österreich ein – Ziel waren diesmal Altenburg und Pernegg. Zum ersten Mal wirkte sich diesmal die neue Abwehrorganisation positiv aus: Ein durch Bauern verstärktes Aufgebot stellte den gegnerischen Heerhaufen am 14. Oktober 1431 bei Waidhofen an der Thaya und fügte ihm eine empfindliche Niederlage zu. Die dabei erbeuteten Feldzeichen wurden in der Burgkapelle zu Wien aufgepflanzt. In Vergeltungsaktionen plünderten Hussiten daraufhin die Gegend um Litschau und das Machland. 

Auf dem ab 1431 in Basel abgehaltenen Konzil versuchte man wieder zu einem Friedensschluss zu gelangen. Nach 1432 flauten die Kampfhandlungen allmählich ab. Mit den Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen von 1434 und 1435 fand der mährisch-österreichische Hussitenkrieg ein Ende. Herzog Albrecht hatte eines seiner Ziele – seine Anerkennung als Markgraf von Mähren – erreicht. Den Preis hatte – wie immer in Kriegen – die Bevölkerung zu zahlen. Die Gebiete Nieder- und Oberösterreichs nördlich der Donau  sowie Mähren kämpften lange Jahre gegen die Folgen des Krieges. Zurück blieben nicht nur verwüstete Landstriche, zurück blieben auch Söldner und Reste der hussitischen Kriegsbrüderschaften, die keine andere Lebensgrundlage als ihre Raubzüge kannten. Sie führten diese nun „auf eigene Rechnung“ durch und terrorisierten weiter die Bevölkerung.

Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra

Mehr Informationen zur Geschichte Sonderausstellung "Kriegsschauplatz Niederösterreich" finden Sie hier

10. Februar 2016

Kriegsschauplatz NÖ - Das Marchfeld, ein heiß umkämpfter Boden

Kaum ein anderes Drama ist in Österreich so bekannt wie „König Ottokars Glück und Ende“. Am 12. Februar 1823 begann Franz Grillparzer mit der Niederschrift des Trauerspiels. Auf der Suche nach einem spannenden Stoff hatte er ursprünglich an den glanzvollen Aufstieg und den tiefen Fall Napoleons gedacht. In Zeiten der Zensur fürchtete er aber, dass ein solches Drama auf Widerstand stoßen könnte. Der Gegenspieler Napoleons – Kaiser Franz I. – lebte noch und hatte im Kampf gegen seinen übermächtigen französischen Gegenspieler nicht gerade Ruhm eingeheimst. Das Schicksal Ottokars lag dagegen viel weiter zurück, und sein Überwinder, der Habsburger Rudolf I., bot eine glanzvolle Projektionsfläche für den jetzt regierenden Habsburger. Nach nur 26 Tagen war der Text abgeschlossen. Dann landete er für zwei Jahre in der Schublade des Zensors. Erst eine Intervention der Kaiserin Carolina Augusta ermöglichte die Aufführung des Stückes. Der Erfolg war groß, der Applaus nach der Premiere wollte nicht enden. 

Der Ausgang der Schlacht auf dem Marchfeld am 26. August 1278 entschied nicht nur über das 
Abb. 1: Ottokar II. Přemysl, aus der sog.
Zwettler Bärenhaut, 1310/11.
Stift Zwettl, Stiftsarchiv (© IMAREAL)
Schicksal Ottokars, sondern auch über das Mitteleuropas. Er stellte die Weichen für die Herrschaft der Habsburger, die 640 Jahre dauern sollte, und damit für die politische Ausrichtung der Länder an der Donau. Er leitete den Niedergang des böhmischen Herrschergeschlechts der Přemysliden ein, die seit dem Ende des 9. Jahrhunderts (mit Unterbrechungen) die Geschicke Böhmens bestimmten, zunächst als Herzöge von Böhmen, seit 1158 als Könige. Seit 1212 waren die Länder der böhmischen Krone auch innerhalb des Heiligen Römischen Reiches als Königreich anerkannt.
Ottokar war der Zweitgeborene. Zunächst ruhten die Hoffnungen seines Vaters Wenzels I. auf dem Erstgeborenen Vladislav. Als dieser früh starb, setzte Wenzel 1247 Ottokar als Markgraf von Mähren ein. Das Verhältnis Vater – Sohn war nicht ungetrübt. Nur ein Jahr später stellte sich Ottokar auf die Seite aufständischer böhmischer Adeliger und ließ sich von diesen zum „jüngeren König“ wählen. Der Krieg währte einige Monate. Nach Anfangserfolgen konnte König Wenzel seinen Sohn und dessen Anhänger eine Niederlage bereiten. Er ließ zunächst seinen Sohn gefangen setzen. Ein Abkommen folgte und schließlich einigte man sich auf eine Mitregentschaft.
Während dieser Ereignisse war an der Südgrenze ein Macht-Vakuum entstanden. Der letzte männliche Babenberger Friedrich II., der in der Geschichtsschreibung nicht zu Unrecht den Beinamen „der Streitbare“ erhalten sollte, war in einem seiner vielen Kämpfe gegen die Ungarn in der Schlacht an der Leitha am 15. Juni 1246 gefallen. Er hinterließ keine Nachkommen. Seine Schwester Margarete hatte 1225 den aufmüpfigen Sohn Kaiser Friedrichs II. König Heinrich (VII.) geheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. 1242 wurde Margarete Witwe. Nach dem Tod ihres Bruders erhob sie Anspruch auf sein Erbe, auf die Herzogtümer Österreich und Steiermark. König Wenzel I. versuchte zunächst an das Erbe durch eine Hochzeit seines ältesten Sohnes Vladislav mit der Nichte Friedrichs II. Gertrud heranzukommen. Nach dem Tod von Vladislav heiratete diese Markgraf Hermann VI. von Baden, der sich allerdings im Land nicht durchsetzen konnte. Wenzel I. nutzte die Gunst der Stunde und marschierte im Herzogtum Österreich ein. Manche Quellen behaupten auch, die Stände hätten ihn zur Hilfe gerufen, um die herrscherlose Zeit zu beenden. Ottokar wurde als Statthalter eingesetzt. 
Abb. 3: Margarete von Österreich, aus der
sog. Zwettler Bärenhaut, 1310/11.
tift Zwettl, Stiftsarchiv (© IMAREAL)
Um seine Herrschaft zu legitimieren ehelichte Ottokar am 11. Februar 1252 die fast dreißig Jahre ältere Margarete. Ein Jahr später verstarb sein Vater, und er übernahm die Krone. In der Schlacht bei Groissenbrunn (Gemeinde Engelhartstetten) am 12. Juli 1260 fügte er dem ungarischen Heer unter König Béla IV. eine vernichtende Niederlage zu. An die 10.000 Ungarn sollen den Tod gefunden haben, die einen am Schlachtfeld, die anderen in den Fluten der March. Im Frieden von Wien, der am 31. März 1261 geschlossen wurde, erhielt Ottokar die Steiermark und Teile der heutigen Slowakei an der mährischen Grenze. Der Friede sollte durch eine Hochzeit bekräftigt werden: Die Dame auf dem politischen Schachbrett  war Kunigunde von Halitsch, die Enkelin Bélas. Přemysl Ottokar trennte sich von seiner Gemahlin Margarete und vermählte sich zum zweiten Mal. 1266 besetzte er das Egerland. Ein Jahr später brach er zu einem Kreuzzug nach Litauen auf. 1269 erbte er nach dem Tod Herzog Ulrichs III. von Kärnten die Länder Kärnten, Krain und die Windische Mark. Das Reich der Přemysliden reichte nun von der Eger bis an die Adria, da sich auch das Patriarchat von Aquileia kurzzeitig unter dessen Schutz gestellt hatte.
Abb. 2: Stammbaum Rudolfs I., aus der
sog. Zwettler Bärenhaut, 1310/11.
tift Zwettl, Stiftsarchiv (© IMAREAL)
Als es 1273 zu einer neuerlichen Königswahl im Reich kam, widerfuhr Přemysl Ottokar eine tiefe Kränkung. Nicht er, einer der mächtigsten Männer seiner Zeit, wurde gewählt, sondern Rudolf von Habsburg. Ottokar war den anderen Kurfürsten und auch dem Papst zu mächtig geworden. In Rudolf erhoffte man eine berechenbare Größe gefunden zu haben, einen Mann mit wenig Geld und wenig Land. Ottokar erkannte die Wahl nicht an. 1275 verhängte Rudolf die Reichsacht über ihn und entzog ihm die Lehen, da dieser eine Belehnung verweigerte. Der Kirchenbann wurde ausgesprochen.
Den ersten Feldzug gegen Ottokar II. Přemysl eröffnete Rudolf im Oktober 1276. Die mit ihm verbündeten Tiroler Grafen rückten nach Kärnten und Krain vor. Binnen kürzester Zeit fiel der Adel der beiden Länder ab und suchte die Verständigung. Genauso verhielt sich der steiermärkische Adel. Rudolf marschierte mit seinen Truppen in das Herzogtum Österreich, um auch hier den Adel auf seine Seite zu ziehen. In Regensburg gewann er mit Heinrich von Niederbayern einen weiteren Verbündeten. Der Preis war wieder eine Eheschließung: Rudolf und Heinrich verabredeten die Hochzeit ihrer beider Kinder. Die Donau ermöglichte einen raschen Transport der Truppen. Am 6. Oktober wurde Linz eingenommen; Enns, Ybbs und Tulln wechselten die Seiten. Auch Klosterneuburg konnte keinen Widerstand entgegensetzen. Das nächste Ziel war Wien. Die Belagerung der Stadt begann am 18. Oktober. Ottokar musste sich nicht nur gegen die Streitmacht Rudolfs wehren, auch die böhmischen Adeligen probten den Aufstand und König Ladislaus von Ungarn eroberte Ödenburg.

Die Lage war für Ottokar so hoffnungslos, dass er zu Verhandlungen bereit war, die im Frieden von Wien mündeten. Dieser brachte für ihn schwere Verluste: Er musste auf Österreich, Steiermark, Kärnten, Krain, die Windische Mark und Eger verzichten, die Königswürde Rudolfs anerkennen sowie Böhmen und Mähren als Lehen aus der Hand Rudolfs empfangen. Absichern sollte den Vertrag wieder ein Ehebündnis. Am 25. November fand die Belehnung statt. In der Folge hielten sich beide Seiten nicht an die getroffenen Abmachungen. Ottokar gelang es wieder Verbündete gegen den Habsburger zu gewinnen. Im Waldviertel erhoben sich die Kuenringer gegen den neuen Landesherrn. Am 20. Juli 1278 marschierte Ottokar mit seinen Truppen in Österreich ein. Er belagerte mehrere Wochen die Städte Drosendorf (18. Juli bis 3. August) und Laa (5. bis 18. August). Rudolf wartete unterdessen in Wien auf die Verstärkung durch ungarische Truppeneinheiten. Beide Heereskörper vereinigten sich bei Marchegg und provozierten durch Angriffe zur Aufgabe der Belagerung von Laa. Ottokar zog mit seinem Heer nach Südosten und schlug bei Jedenspeigen sein Lager auf. Rudolf lagerte auf der Hochebene zwischen dem Haspelberg und Dürnkrut. Von dort überblickte er die ca. 3,5 km weite Ebene zwischen Dürnkrut und Jedenspeigen und hatte gute Sicht auf das Lager Ottokars.

Ausstellungsansicht "Kriegsschauplatz NÖ"
(© Landesmuseum Niederösterreich)
Da Schlachten im Mittelalter noch „ritterlich“ geführt wurden, vereinbarten die beiden Heerführer im Vorfeld den Tag der Entscheidungsschlacht: Es sollte Freitag, der 26. August, sein. Nach dem Lesen einer Messe stellten sich die Heere zur Schlacht auf. Rudolf ritt mit seinen Truppen zuerst in den Kampf. Das Schlachtenglück wogte hin und her. Schließlich entschied eine Kriegslist den Ausgang: Rudolf gelang es, Verwirrung unter den  böhmischen Kampfgruppen zu stiften, die kopflos die Flucht ergriffen. Nur wenige ließen sich nicht von der Panik anstiften. Ottokar versuchte vergeblich wieder Ordnung in die Heeresreihen zu bringen, schließlich musste auch er die Flucht ergreifen – wider jegliche Ritterehre wurde er auf der Flucht von einem persönlichen Feind erschlagen. Die zeitgenössischen Quellen, die über die Schlacht berichten, nennen unterschiedliche Namen. Grillparzer lässt Seyfried Merenberg (Seifried von Mahrenberg [heute Radlje ob Dravi]), einen Ministerialen der Herzöge von Steiermark und derer von Kärnten, die Tat begehen. Von Troßknechten oder Kumanen wurde der Leichnam geplündert:
„So liegst du nackt und schmucklos, großer König,
Das Haupt gelegt in deines Dieners Schoß,
Und ist von deinem Prunk und Reichtum allen
Nicht eine arme Decke dir geblieben,
Als Leichentuch zu hüllen deinen Leib.
Den Kaisermantel, dem du nachgestrebt,
Ich nehm ihn ab und breit ihn über dich,
Daß als ein Kaiser du begraben werdest,
Der du gestorben wie ein Bettler bist.
Bringt ihn nach Laa und stellt ihn fürstlich aus,
Bis man ihn holt zur Ruhstatt seiner Ahnen.“
(Rudolf, in „König Ottokars Glück und Ende“)

Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra

Mehr Informationen zur Geschichte Sonderausstellung "Kriegsschauplatz Niederösterreich" finden Sie hier


2. Februar 2016

Der Kriegs=Struwwelpeter: Objekt des Monats Februar

[Pax vobiscum – Der Friede sei mit euch]



Liegen auch die Völkerscharen
Sich noch grimmig in den Haaren,
Freut sich jeder mit Geschichten,
Die Ergötzliches berichten,
die mit Worten und mit Bildern
Treu der Völker Taten schildern.
Dieses grause Schlachtentreiben
Kann ja ewig auch nicht bleiben.
Und an einem schönen Tag
Kommt der Engel aus dem Haag,
Bringt dann allen Potentaten,
Völkerhirten, Diplomaten,
Präsidenten und Ministern
Und auch sonstigen Philistern
Zeit und Muße wohl genug
Für dies schöne Bilderbuch.

Die Geschichte vom Zappel=Beppo

 

„Ob der Beppo endlich still
Sich bei Tisch verhalten will?
Das verlognne Schaukelspiel
Wird allmählich uns zuviel.
Will er brav zu Tisch sich sehtzen,
Darf er sich die Lippen netzen
Mit Tiroler rotem Wein,
Und die Trientiner Mahlzeit
Soll der Lohn der Tugend sein.“
Doch der Beppo höret nicht,
Was man also zu ihm spricht,
Er hetzt und schürt
Und intrigiert,
Er trappelt
Und zappelt
Auf dem Stuhle ganz erpicht,
Bis vorbei das Gleichgewicht.




Seht, ihr lieben Kinder, seht
Wie´s dem Beppo weitergeht.
Oben steht es auf dem Bild.
Seht, er schaukelt gar zu wild,
Bis der Stuhl nach hinten fällt.
Jetzt ist ihm der Spaß vergällt.
Noch will er in seiner Not
Mit sich ziehen Wein und Brot.
Doch die Eltern halten´s fest,
Und der Beppo hat zuletzt
Eingebüßt der Tugend Lohn.
„Beppo, sie, das kommt davon.“







„Hättest du trotz d´Annunzios Leier
Und dem Rat der andern Schreier,
Trotz der Bauernfänger Locken
Mit den Grenzberichtigunggsbrocken
Treu´ gewahrt bei Freundes Not,
Wie Vertragspflicht dir gebot,
Hättest du jetzt den fetten Bissen
Und ein ruhiges Gewissen.
Beides hast du nunmehr nicht
Und erfährst im Strafgericht
Züchtigung für Heuchelei
Und gebrochne Bundestreu´.“





aus: Karl Ewald Olszewski: Der Kriegs-Struwwelpeter – lustige Bilder und Verse, München Holbein-Verlag (1915)