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Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

22. Oktober 2014

Pilgern mit Eduard Gurk

Eine Spurensuche im Biedermeier


Was mag wohl Eduard Gurk (1801-1841), der Biedermeiermaler, empfunden haben, als er 1833 im Gefolge Erzherzog Ferdinands wallfahrten ging und die „mahlerische Reise von Wien nach Maria Zell in Steyermark“ in 40 Aquarellen festhielt, „aufgenommen nach der Natur“? Wir wissen es nicht. Die Fotografie steckte noch in sehr kleinen Kinderschuhen, so wurde ein malender Chronist als Hofberichterstatter engagiert. Heute wäre vermutlich ein Seitenblicke-Team mit Kamera fixer Bestandteil eines solchen Ausflugs mit prominenten Teilnehmern.
Gut 180 Jahre später machte sich das Team Öffentlichkeitsarbeit & Kommunikation des Landesmuseums, also Monika Schaar-Willomitzer und ich, auf den Weg, Spuren zu suchen, zu finden und einige Stationen fotografisch aufzunehmen. Die Fotografie hat sich zwischenzeitlich ganz gut entwickelt, das Aquarellbild ist hingegen etwas in den Hintergrund getreten. Was das Wetter betrifft, dürften die Wallfahrer einst mehr Glück gehabt haben, jedenfalls ist Kaiserwetter dargestellt. Wir mussten unsere Fahrt witterungsbedingt mehrmals verschieben. Der Sommer ist auch nicht mehr, das, was er einmal war.

Blick gegen Türnitz, Foto: M. Schaar

Das Danken ist des Pilgers Lust

Pilgerreisen hängen oftmals mit dem inneren Drang zusammen, Bitte oder Danke sagen zu wollen oder gar zu müssen. So war es auch im Fall des frommen Thronfolgers. Wir hingegen waren neugierig zu erfahren, was der Zahn der Zeit angerichtet oder übriggelassen hatte.
Der nachmalige Kaiser, den sie den Gütigen nannten, war im Jahr zuvor nach einem Schussattentat recht glimpflich davongekommen. Vermutlich wird’s ein blauer Fleck gewesen sein, der allerdings zu schwerer Krankheit führte, von der er schließlich wundersam genas. Also gelobte er, sich bei der Magna Mater Austriae zu bedanken. Man veranschlagte zwei Tagesreisen von der Spinnerin-am-Kreuz an der Triester (Reichs-)straße in Wien-Favoriten nach Mariazell im Steirischen mit einer Übernachtung in Wienerbruck. Gut 120 km in der sechsspännigen Kutsche, wir sind mit dem Auto herumgegurkt, haben aber nicht übernachtet.
Das Tiroler Landesmuseum „Ferdinandeum“ ist übrigens nach ihm benannt, aber das hat nichts mit der Wallfahrt zu tun.
 
Annaberg, Blick gegen den Ötscher © Land Niederösterreich,
Landessammlung Niederösterreich, Eduard Gurk, 1833



aktuelle Ansicht von Annaberg, Foto: M. Schaar

Reisen, erfinden, regieren, abbrennen

Wir schreiben das Jahr 1833. Charles Darwin hält sich zu Forschungszwecken in Südamerika auf, Samuel Morse baut den ersten Telegrafen und in der Wiener Hofburg residiert Kaiser Franz I., sein Geschäftsführer als Staatskanzler ist Fürst Metternich. Polizeistaat, Zensur und Bespitzelung prägen die Zeit des Vormärz, die damals noch nicht so geheißen hat. Ihr verdanken wir subversive satirische Literatur und das große Zeitungsangebot in traditionellen Wiener Kaffeehäusern. Zeitungen konnte der Biedermeier-Untertan nur abonnieren, da war es unverdächtiger, sie bei Kaffee und Likör auswärts zu konsumieren. Bespitzelung ist uns heute aus dem weltweiten Web auch nicht ganz fremd.
Auch auf und abseits der Pilgerroute ging es heiß her. Nur fünf Jahre vor der „mahlerischen Reise“ wurde Mariazell ein Raub der Flammen, offensichtlich ging der Wiederaufbau aber zügiger vonstatten, als das heute der Fall wäre. Die letzte Restaurierung beanspruchte 15 Jahre. Eduard Gurk malte eine völlig intakte Basilika, innen wie außen frisch gestrichen. Einige Postmeilen abseits vom Weg brannten im Jahr 1833 Teile der landesfürstlichen Stadt St. Pölten nieder. Beim achtlosen Speckauslassen in einem Wirtshaus fing das Schmalz Feuer, das Ledererviertel ging in Flammen auf, Kreisamt und Bürgerspital verwandelten sich in Brandruinen.
Eduard Gurk starb übrigens 1841, erst 40jährig in Syrien, Kaiser Ferdinand ging 1848 in Pension.
Text: Gerhard Hintringer
Fotos: Monika Schaar-Willomitzer


Nach dem Serienstart werden hier in loser Folge während der Ausstellung ausgewählte Stationen vorgestellt und die Aquarelldarstellung von Gurk mit der fotografierten Situation von heute verglichen. 

Sonderausstellung „Malerische Wallfahrt nach Mariazell in Aquarellen von Eduard Gurk
(26.10.2014 bis 22.3.2015)

Eröffnung: Sa, 25. Oktober 2014, 16 Uhr

Link zum Beitrag der Wiener Zeitung vom 19. März 2015:
http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/museum/740504_Rettung-eines-Guetigen.html 

9. Oktober 2014

Frauenportrait # 34

Marianne Perger – eine kämpferische Frau



Marianne Perger, verh. Hainisch
© Österreichische Nationalbibliothek
http://www.onb.ac.at/ariadne/vfb/bio_hainisch.htm
Aus Baden kommen nicht nur Künstlerinnen, in Baden stand auch die Wiege einer Frau, die in ihrem zukünftigen Leben eine bedeutende Rolle in der Frauenbewegung spielen sollte. Marianne Perger kam am 25. März 1839 in Baden zu Welt. Sie entstammte einer angesehenen Familie. Die Grabmäler ihrer Familie am Badener Friedhof sprechen eine beredte Sprache. Der Kaufmann Josef Perger war 1810–1824 und 1829–1845 Ortsrichter von Gutenbrunn, das erst 1850 in Baden eingemeindet wurde. Er beauftragte den Biedermeierarchitekten Josef Kornhäusel mit der Errichtung einer Villa, heute Gutenbrunnerstraße 1. Sein Sohn Heinrich Perger (1810–1878) wurde 1860 in den Adelsstand erhoben und zog ein Jahr später in den Landtag ein. Dessen Neffen waren bedeutende Sammler und Mäzene, deren Spuren sich noch heute in den Sammlungen des Rollettmuseums finden. Vor diesem Hintergrund wuchs Marianne Perger auf.


1857 heiratete sie den Industriellen Michael Hainisch. Sie wohnten in Aue bei Gloggnitz, wo die Familie ihres Gatten eine Baumwollspinnerei errichtet hatte. Damit gehörte sie der führenden Gesellschaftsschicht der Monarchie an. Trotzdem setzte sie sich sehr bald nach ihrer Eheschließung für eine Gleichstellung der Frau in allen Belangen ein. Ein auslösender Moment für ihre Aktivitäten war das Schicksal eines befreundeten Ehepaares, das infolge der Baumwollkrise nach dem nordamerikanischen Bürgerkrieg sein Vermögen verloren hatte. Die Ehefrau fand ohne Ausbildung keine „der sozialen Stellung ihres Mannes“ adäquate Erwerbstätigkeit. Das zeigte Marianne Hainisch deutlich, wie notwendig auch für Mädchen eine gute Ausbildung wäre. Einer ihrer Leitsprüche wurde in der Folge: „Es gibt überhaupt nichts, was man nicht lernen könnte.“ Und ganz in diesem Sinne war sie eine der ersten Frauen, die in einer Versammlung als Rednerin für die Gleichberechtigung der Frauen im Unterricht und vor dem Gesetze auftrat und die Errichtung von Realgymnasien für Mädchen beantragte. Aus privaten Mitteln gründete sie ein sechsklassiges Lyzeum, das 1891 Öffentlichkeitsrecht erhielt. 1892 wurde das erste Gymnasium für Mädchen im deutschsprachigen Raum errichtet. Die erste Mädchenklasse wurde in den Räumen des Gymnasiums in der Hegelgasse 12 in Wien eingerichtet. 1910 übersiedelte die Schule in das Gebäude Rahlgasse 4.
Marianne Hainisch (ganze Figur sitzend, rechts vorne) mit von links nach rechts: Luise Philipp,
Marianne Zycha, Frieda Edle von Kühn, August Kemetter, Leopoldine Miklas, Marie Perzina,
Josefine Mlczoch und Ottilie Politzer; Bild von Otto Schöller, 1934 © ÖNB, www.onb.ac.at

Nach ihrem ersten öffentlichen Auftreten setzte sie sich in der Folge auch für das Frauenstimmrecht und die Reformierung des Ehe- und Familienrechtes ein. 1902 gründete sie den Bund Österreichischer Frauenvereine, dem damals 13 angehörten, 1914 waren es 90. Unter ihrer Leitung gelang es, den Bund Österreichischer Frauenvereine in den Verein International Council of Women (ICW) einzubinden. 1909 wurde sie dessen Vizepräsidentin. Sie engagierte sich an der Seite Bertha von Suttners in der Friedensbewegung und übernahm nach deren Tod auch die Leitung der Friedenskommission.
Neben ihren öffentlichen Auftritten auf Versammlungen verfasste sie auch zahlreiche Schriften, die sich mit den brennenden Fragen der Frauenbewegung beschäftigten: z.B. „Die Frage des Frauenunterrichtes“, „Die Brotfrage der Frau“, „Frauenarbeit“, „Ein Mutterwort über die Frauenfrage“. 1896 hielt sie im Verein für erweiterte Frauenbildung in Wien einen Vortrag, der sich mit „Seherinnen, Hexen und die Wahnvorstellungen über das Weib im 19. Jahrhundert“ befasste und der auch im selben Jahr im Druck erschien. Es war dies eine Antwort auf Eduard Alberts Schmähschrift, die er gegen die Zulassung von Frauen zum Medizinstudium 1895 richtete.
Nach dem Ersten Weltkrieg widmete sie sich verstärkt der Friedensbewegung und war aktiv in der Fürsorge tätig. Ihr Sohn Michael Hainisch wurde 1920 Bundespräsident der Republik Österreich. Auf ihre Initiative hin wurde 1926 der Muttertag eingeführt. Sie war auch Mitbegründerin der 1929 ins Leben gerufenen Österreichischen Frauenpartei, die endlich Frauen zu ihrem Recht verhelfen sollte.
Marianne Hainisch starb am 5. Mai 1936 im Alter von 97 Jahren in Wien.

Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra

6. Oktober 2014

Naturgemäß - NÖ Perspektiven

Zwischen Kunst und Geschichte, mit denen das Landesmuseum Niederösterreich in
St. Pölten zuletzt in Verbindung gebracht wurde, sollte man den dritten wesentlichen
Bereich nicht vergessen: Das von Hans Hollein geplante und 2002 eröffnete Haus hat
seinen naturkundlichen Bereich neu arrangiert und attraktiviert.
Naturbereich Landesmuseum, Foto: Theo Kust
"Naturgemäß“, wie erinnerlich eines von Thomas Bernhards Lieblingsvokabeln zur Verstärkung einer kategorischen Behauptung, bedeutet laut Duden eigentlich den besonderen Bedingungen der Natur entsprechend und beschreibt solcherart pointiert, was man programmatisch auch als Darstellung komplexer naturwissenschaftlicher Grundaussagen anhand regionaler Gegebenheiten umschreiben könnte.

Naturbereich Landesmuseum, Foto: Theo Kust

Naturbereich Landesmuseum, Foto: Theo Kust
Naturbereich Landesmuseum, Foto: Theo Kust
Natürlich kann in Bezug auf Flora und Fauna kein Museum leisten, was ein Zoo oder ein botanischer Garten kann, die freilich hinter jeder seriös gemachten Filmdokumentation zurückstehen müssen, die wiederum ihrerseits nichts ist im Vergleich dazu, die Natur selbst – am besten in ihrer ganzen uneingeschränkten und vor allem unregulierten Pracht und Herrlichkeit – unvermittelt erleben und empfinden zu können. Aber wer ist schon willens und/oder in der Lage, in die Region der Gämsen hinaufzuklettern, in das Innere eines Fuchsbaus zu blicken oder Welse schwimmen zu sehen? In St. Pölten kann man das – und nicht einmal alle der genannten Tiere sind Präparate. Denn das Landesmuseum Niederösterreich ist das einzige in Österreich, das permanent auch lebende Tiere zeigt (und dementsprechend auch eine Betriebsbewilligung als Zoo hat). „Zwar wird hier die Natur nur exemplarisch gezeigt, es reicht aber für einen erstklassigen Biologie-Unterricht“, hatte Dr. Helmut Pechlaner, seinerzeit Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates, bei der Eröffnung vor zwölf Jahren gemeint. Und so, wie sich die „Natur draußen“ in diesem Zeitraum manchmal mehr, manchmal weniger (manchmal in den von Menschen weitgehend unberührten Zonen augenscheinlich auch gar nicht) gewandelt hat, so haben sich auch die Anforderungen an eine zeitgemäße Präsentation und Vermittlung der „Natur drinnen“ geändert. Den Rundgang durch den naturkundlichen Bereich des Hauses startet man heute freilich am besten dort, wo man ihn schon 2002 begonnen hat: ganz oben.
...

Den vollständigen Artikel können Sie hier nachlesen:
NÖ Perspektiven Herbst 2014, S. 8-11: https://www.noe.gv.at/bilder/d82/Per_2014_03.pdf
Text: Rainer Hirschkorn

2. Oktober 2014

Frauenportrait # 33

Bertha von Suttner

Bertha von Suttner
© Österreichische Nationalbibliothek
www.onb.ac.at

Wer kennt sie nicht, die erste weibliche Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner? Von 1966 bis 1983 blickte man ihr in die Augen, wenn man eine 1000 Schilling Banknote in die Hand nahm. Weitaus häufiger bekommen wir sie heute zu Gesicht, ziert ihr Bild doch in Österreich die 2-Euro-Umlaufmünze.
Aber was wissen wir wirklich von ihr? Hand aufs Herz, wer von uns hat schon einmal ihr Buch „Die Waffen nieder“ in der Hand gehabt oder sogar darin gelesen? Ungewöhnlich wie der Umstand, dass sie, obwohl eine Frau, 1905 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, ist auch ihr Leben.

Am 9. Juni 1843 kam sie als Bertha Sophia Felicita in Prag als Halbwaise zur Welt. Ihr Vater, der k. k. Feldmarschallleutnant Franz Michael Graf Kinsky, war noch vor ihrer Geburt im Alter von 75 Jahren verstorben. Ihre Kindheit und Jugend glichen der anderer adeliger Töchter: Sie genoss die übliche Erziehung, lernte mehrere Sprachen und begleitete ihre Mutter auf deren Reisen. Das Blatt wendete sich, als ihre Mutter Sophie Wilhelmine, geb. Körner, an der Spieltischen der Monarchie das Erbe endgültig bis auf den letzten Heller verspielt hatte. Als Tochter aus gutem Haus hatte Bertha nie einen Beruf erlernt, an Geld für eine Aussteuer und Mitgift hatte es immer gemangelt, so trat sie 1873 eine Stelle als Gouvernante bei Freiherr Karl Gundakar Ritter von Suttner in Wien an, der auch über Besitzungen in Niederösterreich verfügte, so gehörte ihm etwa das Schloss Zogelsdorf und die Herrschaft Harmannsdorf. Bertha sollte dessen vier Töchter unterrichten. In der Familie gab es aber nicht nur Töchter, es gab auch Söhne. Zwischen dem jüngsten – Arthur Gundakar – und der Gouvernante erwachten Gefühle: ein Ärgernis, nicht nur weil sie eine Angestellte war, sondern auch und vor allem deshalb, weil ein Altersunterschied von sieben Jahre sie trennte – und Bertha war die ältere! Auch heute zählt eine solche Verbindung eher zu den Ausnahmen.

Quelle: OeNB; Weiter Schilling-Banknoten (1945-2001)
http://bit.ly/1mXLOpI
Um eine Vertiefung der Beziehung zu verhindern, entließ die Hausherrin die Gouvernante und vermittelte ihr eine Anstellung als Privatsekretärin bei Alfred Nobel in Paris. Allerdings dauerte das Arbeitsverhältnis nur zwei Wochen, da Nobel in seine Heimat Schweden zurückkehrte. Bertha kam nach Wien zurück. Am 12. Juni 1876 heirateten die Liebenden heimlich, was die Enterbung zur Folge hatte. Für acht Jahre fand das Ehepaar Zuflucht in Georgien am Hof der Fürstin Ekatarina Dadiani von Mingrelien, die Bertha bei einem ihrer Aufenthalte in Bad Homburg kennen gelernt hatte. In Georgien begannen beide sich als Schriftsteller zu betätigen: Bertha von Suttner schrieb – noch unter dem männlichen Pseudonym B. Oulot – für österreichische Zeitschriften Essays und Kurzgeschichten, ihr Mann verfasste Berichte über den Russisch-Türkischen Krieg, der 1877 ausgebrochen war. 1885 kehrten beide nach Österreich zurück. Es kam zu einer Aussöhnung mit der Familie, und das Ehepaar zog nach Gut Harmannsdorf, dem Familienschloss der Suttners, in der Nähe von Eggenburg gelegen.

Nach ihrer Rückkehr in die Heimat blieb Bertha von Suttner weiterhin schriftstellerisch tätig. Mit dem 1889 veröffentlichten Roman „Die Waffen nieder“ wurde sie eine der Gallionsfiguren der Friedensbewegung. Mit diesem Werk liefert sie uns auch ein Sittengemälde ihrer Zeit: Die Heldin des Romans, Gräfin Martha Althaus, verkörpert die typische Tochter aus adeligem Haus. Im Sinne eines klassischen Entwicklungsromans löst sie sich im Lauf der Geschichte langsam aus dem konservativen Gedankengut ihres Elternhauses und wird zur glühenden Pazifistin und Anhängerin Darwins, so wie Bertha von Suttner. Der Roman wurde in zwölf Sprachen übersetzt und erschien in 37 Auflagen, vielleicht auch deshalb, weil er nicht ein politisches Manifest präsentierte, sondern das von vielen in dieser Zeit erlittene Schicksal einer Frau, die ihren ersten Mann im Krieg verliert und ihre Verwandten durch die Choleraepidemie, die als Folge eines Krieges auftrat.
In der Folge beteiligte sich Bertha von Suttner aktiv an vielen der sich in Europa konstituierenden Friedensvereine. 1891 forderte sie in einem Artikel in der „Neuen Freien Presse“ die Gründung einer „Österreichischen Gesellschaft der Friedensfreunde“. Sie wurde deren erste Präsidentin und blieb dies bis zu ihrem Tod 1914. Anlässlich des Weltfriedenskongresses in Rom wurde sie 1891 zur Vizepräsidentin des „Internationalen Friedensbüros“ gewählt. 1892 gründete sie die „Deutsche Friedensgesellschaft“. 1899 war sie an den Vorbereitungen zur „Ersten Haager Friedenskonferenz“ in Den Haag beteiligt. Daneben setzte sie sich auch für den Tierschutzgedanken ein. In dem 1898 erschienenen Werk „Schach der Qual“ trat sie entschieden gegen Tierversuche ein.
Ihr Privatleben verlief nicht ganz so positiv. 1889 war die Nichte ihres Gatten, die sechzehnjährige Marie von Suttner, in ihren Haushalt eingezogen. Zwischen dem blutjungen Mädchen und ihrem 39jährigen Onkel entwickelte sich eine Liebesbeziehung, die bis zu dessen Tod 1902 andauerte und Bertha von Suttner schwer verletzte.

Nach dem frühen Tod des Ehemannes musste das Gut wegen Überschuldung versteigert werden. Bertha von Suttner nahm ihren Wohnsitz wieder in Wien. In den kommenden Jahren finden wir sie auf Reisen zu Kongressen der Friedens- und Frauenbewegungen. So war sie 1904 die prominenteste Teilnehmerin auf der „Internationalen Frauenbewegung“ des Frauenweltbundes in Berlin. Sie reiste für sieben Monate in die Vereinigten Staaten, nahm am Weltfriedenskongress in Boston teil, reiste von Stadt zu Stadt und hielt bis zu drei Vorträge täglich. Sie wurde auch von Theodor Roosevelt empfangen. Eine Krönung erfuhren ihre Aktivitäten durch die Zuerkennung des von ihr angeregten Friedensnobelpreises, den sie am 18. April 1906 in Kristiania in Empfang nehmen durfte.
In den ihr noch verbleibenden Lebensjahren warnte sie vor der Aufrüstung, die in allen Ländern Europas erschreckende Ausmaße annahm. Die zweite Friedenskonferenz 1907 in Den Haag beschäftigte sich schon mehr mit der Regelung des Kriegsrechts und versuchte erst gar nicht, einen Weg zu einem friedvollen Miteinander zu finden. Bertha von Suttner sah dies alles mit großer Besorgnis und mahnte auf ihren Vortragsreisen, die sie u.a. auch wieder in die Vereinigten Staaten führten, vor der Gefahr eines internationalen Vernichtungskrieges. Wie Recht sie mit diesen Warnungen hatte, musste sie nicht mehr erleben. Sie starb am 21. Juni 1914, wenige Tage vor dem Attentat von Sarajewo.
Wenn Sie einmal Zeit und Muße haben: Sie finden den Roman „Die Waffen nieder“ online unter: gutenberg.spiegel.de/buch/die-waffen-nieder-2594/1.

Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra