Diese Überschrift steht nicht im einem Nachschlagewerk, das für einen Mediziner oder einen Apotheker bestimmt war, nein - es steht in dem klassischen Werk der sog. Hausväterliteratur: in der „Georgica curiosa“ des Wolf Helmhardt von Hohberg.
Bei dieser „Hausväterliteratur“ handelt es sich um frühe Ratgeber, die ab dem 16. Jahrhundert zunächst vor allem im protestantischen Milieu erschienen. Sie richteten sich an den Landadel als potentiellen Käufer. Da ihr Inhalt aber von allgemeinem Interesse war, erwarben auch zunehmend bürgerliche Kreise diese Werke.
Den Höhepunkt dieser Gattung bildet das zitierte zweibändige Werk aus der Feder Wolf Helmhardt von Hohberg, das unter dem Titel „Georgica curiosa, Das ist: Umständlicher Bericht und klarer Unterricht Von dem Adelichen Land- und Feld-Leben“ erstmals 1682 in Nürnberg erschien.
Wolf Helmhardt von Hohberg wurde am 20. Oktober 1612 in Lengenfeld bei Krems geboren. Früh verwaist trat er ins Heer ein und kämpfte im Dreißigjährigen Krieg. 1641 quittierte er den Dienst in einem kaiserlichen Regiment und zog sich auf ein kleines Gut in Süßenbach an der Thaya zurück. Als Protestant musste er später seine Heimat verlassen und ließ sich wie viele seiner Glaubensgenossen in Regensburg nieder, wo er 1688 verstarb.
Der erste Band des Werkes beschäftigt sich mit Haus und Garten, der zweite mit Feld, Vieh, Wald und Jagd. Die insgesamt 12 „Bücher“ geben einen ausführlichen Einblick in Organisation und Tätigkeitsbereiche der auf einem solchen Gut tätigen Personen.
Zu der Arbeit der „Hausmutter“ gehörten nicht nur die Versorgung der Hausangehörigen mit ausreichend Nahrung, die Vorratshaltung, die Betreuung des Gartens und vieles andere mehr, sondern auch die Betreuung im Krankheitsfall. In mehr als 20 Kapitel gibt Hohberg der Hausmutter Anweisungen, wie sie die Apotheke zu führen und Arzneien zuzubereiten hätte.
Dazu gehörte auch die Herstellung von Destillaten aus den unterschiedlichsten Ausgangsprodukten. In Kapitel LVII beschrieb Hohberg ausführlich die Arbeitsgänge und die Beschaffenheit des „Brennofens“, allerdings genüge es, „wann die Haus=Mutter nur weiß mit dem Brennkolben und Balneo Maris [=Wasserbad] umzugehen.“
Das Anwendungsgebiet dieser destillierten Wasser, die aus Kräutern gewonnen werden, ist äußerst vielfältig; Hohberg führt 28 Verwendungszwecke an: bei Kopfschmerzen etwa Destillate aus Wohlgemuth (Origanum vulgare) oder Holunder; bei Leberbeschwerden Sauerampfer, Ehrenpreis, Wegwarte, Salbei, Brunnenkresse, Leberkraut und Waldmeister; für die Augen gut sind „Wasser“ von Ringelblumen, Augentrost, Schellkraut, Rittersporn, Fenchel, Blaue Kornblume und blaue Veilchen; gegen Blasen- und Nierensteine empfiehlt er u.a. Spitzwegerich, Petersilie, Rettich, Spargel, Steinbrech, Erdbeeren und Gundelreben (Glechoma hederacea). Ein Allheilmittel ist das Kardobenediktenkraut, das u.a. bei Magenproblemen, Gelbsucht, Seitenstechen, Menstruationsbeschwerden oder Vergiftungen empfohlen wird. Ähnlich vielseitig ist auch der Baldrian.
Im ersten Band der „Georgica curiosa“ gibt es auch Anleitungen zur Herstellung von „Krafft=Wasser“, für die unterschiedliche Substanzen in Destillaten und/oder Wein angesetzt werden. Für das „Hertz=Carfunckel=Wasser“ etwa muss man Rosmarin, Maienblümlein, Borrago-Blüten, Märzveilchen, Majoran, Lavendel, Kreuzsalbei und Saudistel in einem bestimmten Mischungsverhältnis fein hacken und im Mörser zerreiben. Dann werden Gewürze und Früchte - Muskat, Ingwer, Gewürznelken, Zimt, Kardamom, Galgant, Wacholderbeeren, Eichen- und Haselmisteln, geschälte Päonienkörner - mit Hirschhorn, Ungarischem Gold, Perlen und dgl. mehr gemischt, fein verrieben und mit Wein zu einer Paste verrührt, aus der man kleine Küglein formt. Dann legt man die Kräuter und die Küglein in einem Krug und gießt darüber Malvasier - in der Neuzeit besonders bekannt und beliebt - und verschiedene Destillate, etwa Erdbeer=Wasser und Rosen=Wasser. Dann wird der Krug verschlossen und im Keller in Sand eingegraben; ein Monat ruht er nun - von Neumond bis zum nächsten Neumond. Dann wird die Brühe abgeseiht, die noch nicht aufgelösten Substanzen fein zerstoßen und mit der Flüssigkeit vermischt. Die so gewonnene Lösung wird nun gebrannt. Das Destillat ist das „Carfunckel=Wasser“, das bei schwerer Krankheit zur Stärkung verabreicht wird. Die Dosis richtet sich nach der Schwere der Krankheit und dem Alter des Patienten: ein alter Mensch erhält zwei Löffel voll, ein junger nur einen Löffel. Es dient zur allgemeinen Stärkung und soll bei Fraisen, Schlaganfällen, Ohnmachten, Kopfschmerzen und Herzbeschwerden aller Art helfen. Auch Gebärenden und schwachen Säuglingen gibt es Kraft.
Falls Sie selbst in der „Georgica curiosa“ blättern wollen, ein Digitalisat finden Sie unter http://digital.bibliothek.uni-halle.de/hd/content/titleinfo/363108 auf der Homepage der Universitätsbibliothek in Halle.
Den nächsten Blog können Sie im Neuen Jahr - am 15. Jänner 2015 - lesen. Bis dahin geruhsame Feiertage, in denen Sie hoffentlich weder Arzneien oder Kräuter brauchen, wünschen Ihnen die Autorin und das Team des Landesmuseums Niederösterreich.
Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra
IMAREAL - Krems: In einer landadeligen Apotheke. Kupferstich aus der "Georgica Curiosa", Nürnberg 1716 |
Den Höhepunkt dieser Gattung bildet das zitierte zweibändige Werk aus der Feder Wolf Helmhardt von Hohberg, das unter dem Titel „Georgica curiosa, Das ist: Umständlicher Bericht und klarer Unterricht Von dem Adelichen Land- und Feld-Leben“ erstmals 1682 in Nürnberg erschien.
Wolf Helmhardt von Hohberg wurde am 20. Oktober 1612 in Lengenfeld bei Krems geboren. Früh verwaist trat er ins Heer ein und kämpfte im Dreißigjährigen Krieg. 1641 quittierte er den Dienst in einem kaiserlichen Regiment und zog sich auf ein kleines Gut in Süßenbach an der Thaya zurück. Als Protestant musste er später seine Heimat verlassen und ließ sich wie viele seiner Glaubensgenossen in Regensburg nieder, wo er 1688 verstarb.
IMAREAL - Krems: Die Hausmutter beim Zubereiten von Arzneien. Kupferstich aus der "Georgica Curiosa", Nürnberg 1716 |
Zu der Arbeit der „Hausmutter“ gehörten nicht nur die Versorgung der Hausangehörigen mit ausreichend Nahrung, die Vorratshaltung, die Betreuung des Gartens und vieles andere mehr, sondern auch die Betreuung im Krankheitsfall. In mehr als 20 Kapitel gibt Hohberg der Hausmutter Anweisungen, wie sie die Apotheke zu führen und Arzneien zuzubereiten hätte.
Dazu gehörte auch die Herstellung von Destillaten aus den unterschiedlichsten Ausgangsprodukten. In Kapitel LVII beschrieb Hohberg ausführlich die Arbeitsgänge und die Beschaffenheit des „Brennofens“, allerdings genüge es, „wann die Haus=Mutter nur weiß mit dem Brennkolben und Balneo Maris [=Wasserbad] umzugehen.“
IMAREAL - Krems: Das Destillieren von Kräutern Kupferstich aus der "Georgica Curiosa", Nürnberg 1716 |
IMAREAL - Krems: Die Hausmutter als Krankenpflegerin Kupferstich aus der "Georgica Curiosa", Nürnberg 1716 |
Foto: F. Röper |
Falls Sie selbst in der „Georgica curiosa“ blättern wollen, ein Digitalisat finden Sie unter http://digital.bibliothek.uni-halle.de/hd/content/titleinfo/363108 auf der Homepage der Universitätsbibliothek in Halle.
Den nächsten Blog können Sie im Neuen Jahr - am 15. Jänner 2015 - lesen. Bis dahin geruhsame Feiertage, in denen Sie hoffentlich weder Arzneien oder Kräuter brauchen, wünschen Ihnen die Autorin und das Team des Landesmuseums Niederösterreich.
Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra