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Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

30. Juli 2015

Das Museum einmal anders erleben – als Praktikantin

Als Praktikantin im Einsatz
Sollten Sie unsere Blog-Beiträge und Facebook-Postings fleißig verfolgt haben, so haben Sie sicher schon den einen oder anderen Beitrag von mir gelesen oder zumindest meine Fotos betrachtet. Mein Name ist Claudia und ich darf seit Anfang März diesen Jahres das Team des Landesmuseums Niederösterreich für sechs Monate im Bereich Marketing unterstützen. Meine Zeit hier geht also schon bald zu Ende …

Wie ich zu diesem Praktikum gekommen bin?
Als Studentin!


Fachhochschulen legen nämlich großen Wert darauf, dass ihre Absolventinnen und Absolventen auch einen gewissen Bezug zur Praxis haben. So ist es in meinem Studium am IMC Krems vorgesehen, dass sich jede Studentin und jeder Student für das vierte Semester eine Stelle in einem Unternehmen sucht und dort mitarbeitet.

Dadurch bin ich also im Landesmuseum Niederösterreich gelandet – und hatte ehrlich gesagt nur vage Vorstellungen, was genau mich hier erwarten würde. Denn unter den Begriff „Marketing“ fallen so viele verschiedene Tätigkeiten, dass man sie selbst mit zwei Händen nicht abzählen kann. Doch nun – nach fast fünf recht kurzweiligen Monaten – kann ich schon einen guten Überblick geben.
Weil aber das Aufzählen von Tätigkeiten wenig spannend ist, habe ich hier eine Bilder-Collage zusammengestellt, die einige meiner Arbeiten darstellt:


Natürlich bestehen meine Arbeiten nicht nur darin, Fotos zu machen und diese mit unterschiedlichen Texten auf Facebook, im Blog oder auf der Homepage zu veröffentlichen. Ich kümmere mich auch um die Aktualisierung unserer Besucherdatenbank und mache (mal selbstständig, mal mit meinen KollegInnen) die Post-Aussendungen an unsere Besucherinnen und Besucher. Bei Veranstaltungen wie Ausstellungs-Eröffnungen oder Buchpräsentationen unterstütze ich meine verantwortlichen KollegInnen so gut es geht bei der Organisation im Vorfeld sowie während der Veranstaltung. Ein Highlight war unter anderem unser Stand auf der Messe Wieselburg, wo ich beim Auf- und Abbau dabei war und auch für einen Tag die Standbetreuung auf der Messe übernehmen durfte.

Messestand auf der INTER-AGRAR in Wieselburg
Neben diesen – ich sage einmal Hauptaufgaben dazu – bekam ich natürlich immer wieder kleinere Aufträge, die ich zwischendurch erledigen konnte. Somit hatte ich die Möglichkeit, sehr selbstständig zu arbeiten und mir selbst einzuteilen, wann ich welche Arbeiten erledige.

Arbeiten im Landesmuseum Niederösterreich? Jederzeit wieder!


Das Praktikum im Landesmuseum hat mir wirklich große Freude bereitet und durch die angenehme und ruhige Atmosphäre fühlte ich mich vom ersten Tag an wohl und gut aufgehoben. Durch die vielen verschiedenen Arbeiten, in die ich eingebunden wurde, konnte ich viel Neues lernen und die Zeit verging meist wie im Flug.

Auch wenn mein Praktikum nun bald zu Ende ist – ich werde dem Landesmuseum Niederösterreich sicher als Besucherin erhalten bleiben und in Zukunft ein paar Mal vorbeischauen!


Text: Claudia Hauer
Fotos: Claudia Hauer, © Landesmuseum Niederösterreich
 

23. Juli 2015

ZEIT KUNST NIEDERÖSTERREICH ST. PÖLTEN

FRANZ XAVER ÖLZANT. IDEE – PROZESS - FORM

 bis 23/08/2015

Buchpräsentation mit Elisabeth Voggeneder,
Franz Xaver Ölzant und Alexandra Schantl
© Foto: Gerald Lechner
Am Sonntag, dem 17. Mai 2015, fand im Rahmen des Internationalen Museumstages in Anwesenheit des Künstlers ein gut besuchtes Begleitprogramm zur Ausstellung "Franz Xaver Ölzant. Idee - Prozess - Form" statt, die in der Shedhalle St. Pölten noch bis 23. August 2015 zu sehen ist.

Alexandra Schantl, die künstlerische Leiterin der Zeit Kunst Niederösterreich, präsentierte die von ihr herausgegebene, 304 Seiten umfassende Monografie "Franz Xaver Ölzant", Band 10 aus der Schriftenreihe der Zeit Kunst Niederösterreich, mit dem Ziel, das Werk des Künstlers von seinen Anfängen in den 1950er Jahren bis zur Gegenwart aufzuarbeiten und die Personalausstellung nachhaltig zu dokumentieren. So enthält die reich bebilderte Publikation auch zahlreiche, von Christoph Fuchs festgehaltene Raumansichten der Schau. Neben einem von Alexandra Schantl geführten Interview mit dem Künstler stammen zusätzliche Textbeiträge von der Kuratorin Elisabeth Voggeneder, die die künstlerische Entwicklung Franz Xaver Ölzants beleuchtet, und von Silvie Aigner, die jene Arbeiten im öffentlichen Raum behandelt, die in der Ausstellung mit Fotos dokumentiert sind. Die weiteren Autoren Peter Weiermair, Otmar Rychlik, Rainer Fuchs und Horst Appel, der mit einem sehr persönlichen Beitrag vertreten ist, gaben ihre Zustimmung zum Wiederabdruck früherer Texte.
 
 


Ein umfangreicher Anhang mit Biografie und Ausstellungsverzeichnis rundet die im Kerber Verlag erschienene deutsch-englische Publikation ab.




Den anschließenden Ausstellungsrundgang eröffnete Elisabeth Voggeneder, die die Schau gemeinsam mit Alexandra Schantl konzipiert hat und für die Werkauswahl verantwortlich zeichnet, mit Arbeiten aus den 1950er und 1960er Jahren in Bronze und Stein, bei denen sich der 1934 im steirischen Oberzeiring geborene Künstler noch im figürlichen Bereich bewegt, jedoch schon Tendenzen zur Abstraktion aufweist, beispielsweise am Kopf seines 1958 geschaffenen "Stehenden". Franz Xaver Ölzants Faszination für die Antike wird spürbar in Werken wie der "Samischen Figur" aus den Jahren 1963-1964, die einer säulenhaften, mächtigen Göttin mit kanneliertem Gewand der griechischen Insel Samos nachempfunden ist, und dem 1969 geschaffenen "Poseidon", der als Gott des Meeres an einen Seestern oder einen Tintenfisch mit Tentakeln denken lässt. Es ist interessant, Franz Xaver Ölzant selbst zuzuhören, wenn er sehr eloquent davon spricht, die Bausteine, die Prinzipien, die ein Lebewesen ausmachen, in einem Abstraktionsprozess zur Skulptur umzugestalten. Bei manchen insbesondere seiner frühen Werke fühlt man sich an seinen besten Bildhauerfreund Bruno Gironcoli erinnert, dessen Witwe bei der Veranstaltung anwesend war.

Ausstellungsrundgang mit Elisabeth Voggeneder, Alexandra Schantl und Franz Xaver Ölzant
© Foto: Gerald Lechner

Das "Endloskonzept" der Jahre 1973-1976 knüpft mit seinen Schlingen formal stark an Poseidon an und wirft zugleich die Frage auf, wann ein Kunstwerk als vollendet gilt. Dies lässt mit seinem Prinzip der Wiederholung einfacher Grundelemente, auf das Alexandra Schantl ganz besonders hinwies, an Constantin Brancusis "Endlose Säule" denken. Zugleich ist es Franz Xaver Ölzant wichtig, das Gewicht seiner Arbeiten zumindest optisch aufzuheben, weswegen er sich schon seit den 1960er Jahren mit Hängeobjekten beschäftigt. Diese Auflösung des monolithischen Volumens begegnet dem Betrachter auch in der "Nike" aus dem Jahr 1980, in der die Flügel der Siegesgöttin durch Löcherungen aufgebrochen und so zu Luft-Raum-Gebilden werden.
 
Eröffnung © Foto: Daniel Hinterramskogler
Der Künstler, der in Pfaffenschlag lebt, beschäftigt sich auf besonders interessante Art und Weise mit einem Phänomen des Waldviertels, den so genannten Restlingen. Indem Franz Xaver Ölzant diesen Steinblöcken ihre natürliche Form belässt und sie mit minimalistischen, zeichenhaften Strukturen versieht, vergisst er laut eigener Aussage darauf, ein figuraler Bildhauer zu sein, und bringt sich stattdessen nur punktuell und peripher ein. In der Schau sind Diorite vertreten, mit denen der Künstler in Pfaffenschlag lebt. Schlendert der Ausstellungsbesucher durch diese Gruppe subtil bearbeiteter Steine, kommt er Franz Xaver Ölzant ein großes Stück näher.

In den 1990er Jahren entdeckt der Künstler Aluminium als neues Material für sich, das seinen Skulpturen ganz besondere Transparenz und Leichtigkeit verleiht. Zu dieser Werkgruppe zählt die Arbeit "Serengeti" aus dem Jahr 2006, in der Raum, Fläche und kugelartig gestaltete Körner in einen spannungsreichen Dialog treten. Ganz wie zuvor beim Stein spielt auch in Ölzants Aluminiumarbeiten der Bezug zur Natur weiterhin eine große Rolle.

Die Ausstellung gibt einen sinnlich erfahrbaren Überblick über 60 Jahre Bildhauerei, in denen Franz Xaver Ölzant konsequent und geradlinig seinen Ideen gefolgt ist, diese in unterschiedlichsten Arbeitsprozessen in die ihm ganz eigenen Formen gegossen und dabei ein facettenreiches Oeuvre hervorgebracht hat.

Informationen zur Ausstellung finden Sie auf der Homepage http://www.zeitkunstnoe.at/de/st.-poelten/ausstellungen/aktuell
 
Text: Mag. Ursula Düriegl

20. Juli 2015

Zeit für einen Besuch bei den TierpflegerInnen

Peter, Marlene und Lisa (von links nach rechts)
mit Stofftieren aus dem Museums-Shop
Die Sommerzeit ist für die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landesmuseum Niederösterreich eine eher ruhige Zeit – nicht so für unsere Tierpflegerinnen Marlene und Lisa sowie unseren Tierpfleger-Lehrling Peter. Denn ab dem Frühling herrscht einerseits „Hochsaison“ für den Nachwuchs, andererseits muss neben den Innenanlagen auch der Museumsgarten mit seinen Tieren und Pflanzen gepflegt werden.


Trotz der arbeitsintensiven Zeit hat sich Marlene bereit erklärt, mir etwas über die Arbeit als Tierpflegerin und unsere zahlreichen Tiere zu erzählen.


Wann beginnt normalerweise morgens euer Dienst?


Grundsätzlich fangen wir täglich um 6:00 Uhr an, denn um 9:00 Uhr sperrt ja schon das Museum auf und da wollen wir mit unserer Arbeit im Naturbereich fertig sein. Danach versorgen wir die Tiere, die in unseren drei Kellerräumen untergebracht sind und im Anschluss werden dann die anstehenden Arbeiten im Museumsgarten erledigt. Dienstschluss ist immer gegen 15:00 Uhr .

   Jungtiere werden hier besonders gut umsorgt   

Wie viele Tiere haben im Museum ihr Zuhause?


Also die Anzahl unserer Tiere variiert ziemlich stark, ich würde aber sagen, dass wir momentan etwa 300 Tiere im Haus haben. Diese Zahl hängt einerseits mit der momentanen Jungtiersaison zusammen, andererseits auch mit den Futterlieferungen. Da unsere Tiere Großteils lebendes Futter bekommen, müssen wir uns natürlich auch um diese kümmern.


Gibt es dabei eine Tierart, die vorherrscht?


Wenn man es artspezifisch betrachtet, dann sind das ganz sicher die Ameisen – davon haben wir besonders viele!




Die Ameisen sind dann sicherlich auch die kleinsten Tiere – aber welche sind die größten?


Ja, das ist richtig! Unser größtes Tier ist der Wels. Durch die Verzerrung des Aquarium-Glases und des Wassers ist es schwer zu schätzen, wie groß er ist, aber ca. eineinhalb Meter wird seine Größe schon ganz gut treffen.

Wann werden die Tiere gefüttert, gibt es da bestimmte Zeiten?


Bei der Fütterung versuchen wir möglichst gut auf die Bedürfnisse der jeweiligen Tiere einzugehen, woraus sich auch ein relativ schwer zu durchschauender Fütterungsplan ergibt. Vereinfacht kann man aber sagen, dass es zwei Fütterungstage pro Woche gibt, wo alle Tiere versorgt werden. Ausnahmen bilden dann zum Beispiel die Jungtiere der Reptilien und Amphibien, denn diese brauchen täglich Nahrung, oder die ausgewachsenen Schlangen, die nur alle zwei Wochen Futter bekommen.


Tierpfleger-Lehrling Peter bei der Fütterung der Sumpfschildkröten im Außenbereich

Wie viel Futter braucht man dann für diese Tiere?


Naja das ist gar nicht so einfach zu sagen, denn die meisten Lieferungen kommen automatisch, weil gewisses Futter natürlich regelmäßig benötigt wird. Aber auf der letzten Rechnung waren zum Beispiel 200 Stück Heuschrecken oder 2.000 Stück Heimchen aufgelistet.

 

Welche Tätigkeiten fallen neben der Tierfütterung noch in euren Verantwortungsbereich?


Das ganze Jahr über müssen wir natürlich die Aquarien und Terrarien sauber halten, das heißt, innen putzen sowie die Pflanzen, Steine und den Untergrund bei Bedarf erneuern. Jetzt im Sommer kümmern wir uns auch um den Museumsgarten, also Pflanzen gießen und schneiden, den Filter im Teich wechseln sowie den Teich putzen, wir übernehmen also im Sommer auch immer wieder die Rolle eines Gärtners.

Passieren bei der Arbeit auch manchmal „Hoppalas“?


Natürlich passiert so etwas! Als zum Beispiel unser früherer Kollege noch im Haus war, wollte dieser im Naturbereich das Aquarium-Glas putzen. Dafür haben wir große Putz-Magnete, mit denen man aufgrund der magnetischen Anziehung natürlich vorsichtig hantieren muss. Ihm ist dann leider das Missgeschick passiert, dass er mit dem Magneten zu nahe an das Metallgeländer geraten ist, wo sich der Putz-Magnet natürlich angeheftet hat. Er hat es dann zwar geschafft, den Magneten vom Geländer herunter zu bekommen, da aber hinter ihm ein Abluftrohr – ebenfalls aus Metall – war, blieb der Magnet dann gleich wieder dort hängen, was natürlich lustig zum Ansehen war.

Ein anderes Mal mussten wir den Teich im Museumsgarten putzen. Da das aber ein schwieriges Unterfangen war, wenn man außerhalb des Teiches steht, beschlossen wir, das Ganze im Bikini, mit Schnorchel und Taucherbrille zu erledigen.


Text: Claudia Hauer
Fotos: Fabian Röper, Claudia Hauer © Landesmuseum Niederösterreich
 

15. Juli 2015

Im Wald wackeln die Steine

„Mein Waldviertel“, herausgegeben von Wolfgang Kühn, rezensiert von Gerhard Hintringer

Buch "Mein Waldviertel" von Wolfgang Kühn
Ein Dutzend Autorinnen und Autoren schickt Wolfgang Kühn in der Viertels-Anthologie „Mein Waldviertel“ auf literarische Erkundungsreise. Beiträge stammen von Weggezogenen, Dortgebliebenen und Hingezogenen. Anekdoten aus dem (historischen) Landleben wechseln mit der Spurensuche an Orten der Kindheit und Erkundungen der (Seelen-)Landschaft ab. Allgegenwärtig sind die Wasserläufe von Thaya, Kamp und Donau.

Denke ich an das Waldviertel, fallen mir Kälte, Nebel, Granit und Bäume ein, die sanften Hügel des Südens und die Schroffheit des Nordens. Und die erstaunliche Dichte an Intellektuellen und Kunstschaffenden, die dort anzutreffen ist. Das mag mehr mit abgeschiedenem Rückzugsgebiet zu tun haben, als mit einfachem Leben und Mängeln in der Infrastruktur.

Anders als im Band „Mein Mostviertel“ (zu finden unter http://www.landesmuseum.blogspot.co.at/2015/07/drunten-im-keller-plaudert-der-most.html), wo beispielsweise die Berge gänzlich vernachlässigt werden, kommen hier alle Ecken des Viertels zu literarischen Ehren. Von Gmünd im NW, Krems im SO, Drosendorf in NO und dem Ostrong im SW. Mella Waldsteins diagonaler „Wandermonolog“ auf der Suche nach dem „echten Waldviertel“ ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür.

Eine einheitliche Charakteristik für das Waldviertel kann es nicht geben, man vergegenwärtige sich nur die Unterschiede zwischen Moorlandschaft und Weinberg. Landschaften prägen nun einmal den Menschenschlag und umgekehrt. Einige Gemeinsamkeiten sind aus den Texten dennoch herauszulesen. Im Waldviertel sind die Menschen hilfsbereit (ohne gegenseitige Hilfe ist man dort vermutlich auch ziemlich aufgeschmissen) und freundlich (sogar Leute mit Wiener Autokennzeichen sollen schon zurückgegrüßt worden sein). Auch einige Rekorde kann das Waldviertel verzeichnen: die billigsten Bauplätze in Ludweis-Aigen, das größte Lagerhaus weltweit in Zwettl (das habe ich nicht überprüft, sondern einfach geglaubt) und den größten Truppenübungsplatz Mitteleuropas als Zentrum des Viertels.




Für Esoteriker ist es ein Zauberland, ein mythengetränkter Landstrich, wo hinter jedem Wackelstein, hinter jeder Fichte ein Troll hockt. Man denke nur an die geradezu unendlichen Möglichkeiten des Bäume-Umarmens und die unübersichtliche Anzahl an „Kraftplätzen“, die sich auch als UFO-Tankstellen bestens eignen. Die kultigen Wackelsteine sind übrigens Restlinge und keine Findlinge.



„So schön ruhig ist´s hier“, ist freilich nur ein schwacher Trost für Dörfer ohne Gasthaus und Geschäft, Bahnstationen ohne Züge. Für Liebhaber einsamer Fahrten in Bussen mit gesprächigen Chauffeuren ist es hingegen das Paradies. Das Beste wird aber sein, das Buch zu lesen, sich Anregungen zu holen und sich selbst ein Bild zu machen.


Linde Wabber - Atelier Bodo Hell


Illustriert wurde der Band von Linde Waber, die in Wien, Zwettl und auf Reisen lebt, wie sie schreibt.





Autorinnen/Autoren:
Wolfgang Kühn
Cordula Bösze, Isabella Breier, Josef Haslinger, Bodo Hell, Robert Kraner, Roman Marchel, Andreas Nastl, Gabriele Petricek, Thomas Sautner, Bernadette Schiefer, Mella Waldstein und Andreas Weber.

Wolfgang Kühn ist Mitbegründer des Festivals „Literatur & Wein“, des Unabhängigen Literaturhaus Niederösterreich (ULNÖ), der Literaturzeitschrift „DUM – Das ultimative Magazin“ und Stimme der Formation „Zur Wachauerin“.


Das Buch ist im gut sortierten Buchhandel und im Shop des Landesmuseums erhältlich. Es kostet 22 Euro, ISBN 978-3-902717-20-7, 288 Seiten, geb. mit Schutzumschlag

Links
www.literaturedition-noe.at, Email: noe-literaturedition@noel.gv.at
http://boesze.klingt.org
www.bodohell.at
www.schreibwerkstatt.at
www.gabrielepetricek.at
www.thomas-sautner.at
www.lindewaber.com
 

8. Juli 2015

Drunten im Keller plaudert der Most

Mein Mostviertel – Anthologie, herausgegeben von Wolfgang Kühn
Eine Rezension von Gerhard Hintringer



Mein Mostviertel - Anthologie,
herausgegeben von Wolfgang Kühn
Mit „Mein Mostviertel“ legt Wolfgang Kühn nach „Mein Waldviertel“ (Rezension folgt) die zweite Anthologie zu den Vierteln Niederösterreichs vor. Er versammelt 19 Autorinnen und Autoren und gesteht in seinem einleitenden „Versuch über das Mostviertel“, von jenem keine Ahnung zu haben. Dafür ist das Buch exzellent gelungen. Den Most hat der Herausgeber jedenfalls gefunden, das dazu gehörige Viertel befindet sich nun auch zwischen zwei Buchdeckeln. Die Beiträge folgen dem Alphabet, beginnend mit Zdenka Becker, abschließend mit Michael Ziegelwagner.

Die Zugänge zum Mostviertel sind vielfältig wie das Mostviertel selbst. Meist ist das Viertel mehr als eine schöne Landschaft mit dem Mostkrug als Wahrzeichen, durchschnitten von der Westautobahn, der Donau als Demarkationslinie und Vierkanthöfen als „Bauernburgen“. Die Kulturlandschaft Mostviertel ist aber vor allem eine innere Landschaft, Mostviertlerblut ist schließlich kein Birnensaft. Persönliche Erinnerungen aus Kindheit und Jugend mit dem je eigenen Kolorit spielen in vielen Texten die zentrale Rolle. Damit auch die Angst, dass sie einem nicht einmal selbst gehören. Die Frage, ob das Mostviertel wegen des Mosts so heißt oder der Most wegen des Viertels, muss offen bleiben. Oder ist es gar der Superlativ des englischen much: most, das Meistviertel?

Da können Sprachbarrieren schon einmal dazu führen, dass vergorene Dirndlfrucht und Kleidungsstück nicht mehr scharf zu trennen sind, aber wie lautet das Angebot der Mostviertler Bevölkerung an die gebürtige Tschechin Zdenka Becker: „Wenn du mit uns viel sprechen, dann du gut Deutsch lernen.“ Was soll da noch schiefgehen? Dort, wo Traktoren groß wie indische Elefanten sind, ist Pixendorf, von Leipzig mit der Bahn sehr leicht erreichbar, wie zu lesen ist. Bequemer ist allerdings die Lektüre der Texte, was hiermit wärmstens empfohlen wird, auch wenn der Mostviertelbezug nicht immer gleich deutlich wird. Dass Schreibende einzig in der Sprache beheimatet sein sollen, scheint mir nicht mehr so gewiss.

Das Titelzitat stammt von Herbert Pauli.

Autorinnen/Autoren: Zdenka Becker, Fabian Faltin, Thomas Havlik, Hermann Niklas, Herbert Pauli, Martin Pollack, Martin Prinz, Barbara Pumhösel, Hans Raimund, Evelyn Schlag, Julian Schutting, Maria Seisenbacher, Cornelia Travnicek, Erwin Uhrmann, Manfred Wieninger, herbert j. wimmer, Magda Woitzuk, Gerhard Zeillinger und Michael Ziegelwagner.

Wolfgang Kühn


Wolfgang Kühn ist Mitbegründer des Festivals „Literatur & Wein“, des Unabhängigen Literaturhaus Niederösterreich (ULNÖ), der Literaturzeitschrift „DUM – Das ultimative Magazin“ und Stimme der Formation „Zur Wachauerin“.




Das Buch ist im gut sortierten Buchhandel und im Shop des Landesmuseums erhältlich. Es kostet 22 Euro, ISBN 978-3-902717-28-3, 320 Seiten, geb. mit Schutzumschlag

Links
www.literaturedition-noe.at, Email: noe-literaturedition@noel.gv.at
www.zdenkabecker.at
www.fabianfaltin.com
www.thomashavlik.net
www.wortwerft.at
www.kulturschuppen.at
www.thomashavlik.net
www.mariaseisenbacher.com
www.corneliatravnicek.com
www.erwinuhrmann.com
www.manfredwieninger.com
www.magdawoitzuk.com

3. Juli 2015

#19 Feldscherer, Wundarzt, Chirurg

Erste Spuren chirurgischer Behandlungen finden sich bereits an Skeletten der Steinzeit. Durch Jahrhunderte hindurch waren große chirurgische Eingriffe meist nur das Ultimum Remedium – das letzte Mittel der ärztlichen Kunst. Eingesetzt wurden sie bei Unfällen, wenn es etwa galt, Knochenbrüche zu verarzten, oder bei Kriegsverletzungen, wenn Wunden versorgt werden mussten. Die älteste Armamputation wurde an einem männlichen Neandertaler vor ca. 50.000 Jahren durchgeführt.

Wissen und Kenntnisse der antiken Größen auf dem Gebiet der Chirurgie wurden in den Klosterbibliotheken und im arabischen medizinischen Schriftgut bewahrt und tradiert. Bis ins Hochmittelalter hinein war es Mönchen und Geistlichen erlaubt, auch chirurgische Eingriffe vorzunehmen. Das änderte sich: Ab 1130 wurde auf den diversen Konzilen mehr und mehr die ärztliche Betätigung von Klerikern eingeschränkt, bis schließlich auf dem Konzil von Tours 1163 operative Eingriffe den Mönchsärzten zur Gänze verboten wurden. So konnte und musste sich eine neue Klasse von Heilbehandlern herausbilden: Barbiere, Bader, Wundärzte. Diese führten nun einfache chirurgische Behandlungen durch wie Aderlass, Zahnextraktionen, Öffnen von Abszessen, Verbinden und Behandeln von Wunden etc. So kam es für 700 Jahre zu einer Abspaltung der Chirurgie von der wissenschaftlichen akademischen Medizin. Die Ausbildung erfolgte nicht mehr an Universitäten, sondern in der Praxis eines Wundarztes in der Form einer Lehre. Das hieß aber nicht, dass die Chirurgie deshalb in ihrer Entwicklung stagnierte.

Chirurgische Handschriften und ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert Drucke spiegeln das umfassende Wissen und das weite Arbeitsfeld dieser frühen Chirurgen. Gute Beispiele für das ausgehende Mittelalter sind die „Chirurgia" (1497) des Hieronymus Brunschwig (1450-1533) und das „Feldbuch der Wundtartzney" (1517) des Hans von Gersdorffs (gest. um 1517). Nach einer Einleitung, die Anweisungen zum korrekten Verhalten eines Wundarztes enthält, beschäftigt sich das ältere Werk in den folgenden fünf „Traktaten" mit der Behandlung von Wunden, stumpfen Verletzungen durch Schlagen und Stoßen, Beinbrüchen und Verrenkungen. Im letzten Teil erhält man Anweisungen zur Zubereitungen von Arzneien, Pflastern, Salben und dgl. mehr.

Abb. 1: Aderlassmann
Das jüngere Werk ist inhaltlich anders aufgebaut. Es umfasst insgesamt vier Traktate, die wiederum in Kapitel unterteilt sind. Der erste Traktat beschäftigt sich zunächst sehr detailliert mit der Anatomie des menschlichen Körpers. Vor dem 13. Kapitel ist ein ganzseitiger Holzschnitt eingeschoben, der einen stehenden Mann mit geöffneter Leibeshöhle zeigt. Gleichzeitig dient dieser Holzschnitt zur Angabe der Stellen am Körper, an denen zur Ader gelassen werden kann und soll. Mit dem Aderlass beschäftigen sich dann die anschließenden Kapitel 13 bis 16. Der zweite Traktat wird von einem ganzseitigen Holzschnitt eingeleitet; dieser zeigt einen nackten Mann, der an den unterschiedlichsten Körperteilen von verschiedenen Waffen durchbohrt ist. Die Verse über dem Holzschnitt drücken die Hoffnung aus, dass ihm der Chirurg trotz der vielen „straych und stich" helfen kann. Der zweite Traktat beschreibt die Arbeit des Chirurgen: mit Schädelverletzungen beginnend arbeitet sich der Autor durch den gesamten menschlichen Körper durch. Eindrucksvolle Illustrationen schildern dem Benutzer des Werkes z.B. wie man Knochen einrichtet und schient oder wie und mit welchem Instrument man eine eingedrückte Schädeldecke wieder „auffschraufft". Eingestreut in diese Erläuterungen sind Rezepte für passende Salben, Wundpflaster, Balsame u. ä. mehr. Das achte Kapitel beschäftigt sich mit den Möglichkeiten Blutungen zu stillen, eine in Zeiten, in denen man noch ohne Bluttransfusionen auskommen musste, ganz wichtige ärztliche Kunst. Die angeführten Mittel lassen mich wieder einmal dankbar dafür sein, dass ich im 20. Jahrhundert zur Welt kam: Oder hätten Sie gern als Wundverschluss schwarzes Pech oder eine Schmiere, die aus gebranntem Kalk, Alaun und schwarzem Pech zubereitet wird? Wohl kaum. Vor besondere Herausforderungen waren die die Heere begleitenden Chirurgen – die Feldscherer – gestellt. Sie mussten Wunden versorgen, die durch Geschosse unterschiedlicher Größe verursacht waren. Oft mussten sie auch im Feld Amputationen durchführen, wenn die Gliedmaßen zu sehr zerfetzt waren. Auch dazu gibt Hans von Gersdorff Anleitungen. Ich erspare Ihnen die Einzelheiten. Nach diesen Gänsehaut verursachenden Kapiteln finden sich Anweisungen zur Zubereitung von Sedativen, also schmerzstillenden Arzneien. Allerdings kann ich mir kaum vorstellen, dass z.B. die angeführten diversen Schmalzarten auch wirklich helfen können. Immerhin kannte man auch bereits Opium, gewonnen aus Mohnkapseln.

Abb. 2: Gersdorffs
Der dritte Traktat beschäftigt sich mit der Lepra, dem Aussatz. Nach einem Kapitel, das sich u.a. mit den Ursachen und den verschiedenen Ausprägungen der Krankheit beschäftigt, werden ausführlich die Zeichen der Lepra beschrieben. Ein Holzschnitt, der dem Traktat eingefügt ist, zeigt eine solche Leprabeschau, die über Leben oder „sozialem" Tod des Patienten entschied. Denn wurde Lepra diagnostiziert, bedeutete das für den Betroffenen den Ausschluss aus der Gemeinschaft. Nach einer Totenfeier für den „lebendig Toten" wurde er aus der Stadt, der Gemeinde hinausgeführt zu dem Leprosen/Siechenhaus, wo er bis zu seinem Tod leben musste. Man nimmt heute an, dass viele dieser Leprosen in Wirklichkeit nur an einer Hautkrankheit erkrankt waren und ohne Grund das Los der „lebendig Toten" ertragen mussten. Der vierte Traktat umfasst ein lateinisch-deutschen Vokabular der Anatomie. Damit endet das „Feldbuch der Wundartzney".


Wenn Sie neugierig geworden sind, in Hans von Gersdorffs „Feldtbuch der Wundtartzney" können Sie jetzt auch online blättern; das Heidelberger Exemplar der Ausgabe Straßburg 1517 finden Sie unter http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/gersdorff1517/0001, das Münchner Exemplar unter urn:nbn:de:bvb:12-bsb00010085-8; auch die spätere Auflage Straßburg 1528 wurde bereits von der Bayerischen Staatsbibliothek digitalisiert und online zur Verfügung gestellt: urn:nbn:de:bvb:12-bsb00024302-1.

Der Blog zur Ausstellung „Bader, Medicus, Primar" geht jetzt in die Sommerpause; im August geht’s weiter – ich hoffe, Sie bleiben uns treu!


Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra