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Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

27. Februar 2014

Frauenportrait #2



Helene Trauttmansdorff (1908 – 1945)



© Stadtarchiv St. Pölten
Im letzten Kriegsjahr 1945 bildete sich in St. Pölten eine große überparteiliche Widerstandsbewegung aus Angehörigen der St. Pöltner Polizei, aus ArbeiterInnen der Glanzstoff-Fabrik und LandwirtInnen aus St. Pölten und Umgebung.
Hauptorganisatoren waren der stellvertretende St. Pöltner Polizeidirektor Regierungsrat Dr. Otto Kirchl sowie der Pottenbrunner Gutsbesitzer Josef Graf Trauttmansdorff-Weinsberg. Ihr Ziel war es, St. Pölten weitere Zerstörungen und weiteres Blutvergießen zu ersparen und die Stadt möglichst kampflos der Roten Armee zu übergeben. Im April 1945 flog die Gruppe durch Verrat auf. Am 11. April führte die Gestapo einen gezielten Schlag gegen die Organisation durch. Beamte drangen in das von der SS umstellte Schloss Trauttmansdorff ein und verhafteten alle, gerade zu einer Beratung versammelten, Mitglieder. Mit den Verhören wurde sofort begonnen. Die Methoden, mit denen versucht wurde, bestimmte Geständnisse zu erpressen, können als Folter bezeichnet werden. 12 der 13 Angeklagten wurden zum Tod verurteilt. Bei der Schießstätte im Hammerpark wurde eine Grube ausgehoben; das Urteil wurde unmittelbar nach der Verhandlung vollstreckt. Kaum mehr als 30 Stunden später war St. Pölten von der Roten Armee erobert.
Die letzten tragischen Stunden von Helene Trauttmansdorff wurden von Mag.a Anita Lackenberger verfilmt.

Helene Trauttmansdorff kam ursprünglich aus Triest. Mit ihrem Mann hatte sie 3 Kinder und lebte ein durchwegs beschütztes Leben im Schloss Pottenbrunn. Was sie bewog, in den letzten Kriegstagen derartige Courage zu zeigen, darüber können nur Vermutungen aufgestellt werden.
Hier die letzten traurigen Ereignisse im Leben von Helene Trauttmansdorff:
Am 12. April 1945 setzte sie sich auf das Fahrrad, um zu ihrem bereits von der Polizei inhaftierten Mann nach St. Pölten zu fahren. Ihre Kinder ließ sie im Schloss zurück. St. Pölten war am Osterwochenende von den Alliierten schwer bombardiert worden, die russische Front verlief knapp vor der Stadt. Die Innenstadt und der Bahnhof lagen in Trümmern.
Helene Trauttmansdorff fuhr also mit dem Fahrrad die 7 Kilometer von Pottenbrunn zum Polizeigebäude und fuhr durch die vom Krieg verursachte Apokalypse. Am heutigen Europaplatz sah sie die in den letzten Tagen von der SS am Galgen aufgehängte „Deserteure“ – junge Männer ab 14, die die SS beim systematischen Durchkämmen der Stadt noch gefunden hatten. Der Europaplatz hieß von da an für viele Jahre Galgenplatz. Um zu ihrem Mann zu gelangen, musste sie den Europaplatz queren. Am Ziel angekommen wurde auch sie in eine Zelle gesperrt und am 13. April gemeinsam mit den anderen Widerstandskämpfern erschossen.
Text: Mag.a Martina Eigelsreiter

20. Februar 2014

Frauenportrait #1


Wetti Teuschl (1851-1944)
Barbara, genannt Wetti, Baumgartner (geb. Teuschl)


Fräulein Wetti Teuschl
(Privatarchiv Fam. Hörner)

Barbara Baumgartner (1851-1944) entstammte einer gutbürgerlichen Fuhrwerksunternehmersfamilie aus Krems.
Mit ihrem Ehemann Johann Baumgartner eröffnete sie verschiedene Geschäfte und Fachhandlungen in Wien und Krems, die sie jedoch jeweils nach kurzer Zeit wieder schließen mussten.

In der Ausstellungspublikation „Frauenleben in Niederösterreich“ hat Nikola Langreiter in ihrem Katalogbeitrag „Einblicke in ein bürgerliches Frauenleben zwischen Wien und Krems“ (S. 29-35) das Tagebuch der Wetti Teuschl (1870-1885) analysiert.

Hier ein kurzer Auszug:
„Beim ersten Eintrag in ihr Tagebuch 1870 war die Schreiberin 18 Jahre alt. Sie verlebte in ihrem Kremser Elternhaus verhältnismäßig sorglose Tage, nicht untypisch für eine mittelständische Bürgerstochter in einer Kleinstadt der Habsburgermonarchie zu dieser Zeit. Die Familie war gesellschaftlich angesehen, führte ein standesgemäßes Leben. Die Mutter leitete, unterstützt von einer Dienstbotin, das Hauswesen. Dem Vater gehörte ein Stellwagen- und Fuhrwerksunternehmen, er hatte ein Amt bei der Feuerwehr inne und nahm am örtlichen Honoratiorentisch Platz. Zwei Stadthäuser befanden sich im Besitz der Familie, Wohnungen und Geschäftslokale wurden vermietet. Welche Ausbildung Wetti Teuschl zuteil geworden war, ist nicht überliefert. […]
„Mit Gott!“ hatte Wetti Teuschl ihre Aufzeichnungen begonnen und damit einen zeitgenössisch üblichen Einstieg gewählt. Auffallend ist, dass sie ein kleines, einfaches Notizbuch verwendete und nicht das typische (Mädchen-)Tagebuch mit Prägedruck, Goldschnitt und Schlösschen.“

Das Original befindet sich in Familienbesitz, eine Kopie in der Sammlung Frauennachlässe (http://www.univie.ac.at/Geschichte/sfn/) der Universität Wien, und als kommentierte Edition ist es 2010 bei Böhlau erschienen.

„Das Tagebuchschreiben war im 19. Jahrhundert überaus modern geworden und in bürgerlichen Kreisen besonders Mädchen und jungen Frauen anempfohlen. Unter Aufsicht ihrer Mütter oder Lehrerinnen sollten sie sich schreibend darauf vorbereiten, taugliche Bräute und Ehefrauen zu werden. Diese Tagebücher wurden daher „Warte-Hefte“ genannt und folgerichtig meist mit der Verheiratung beendet. Es war also ungewöhnlich, dass Wetti Teuschl ihr Diarium – in anderer Form, aber doch – auch als Ehefrau weiter führte.
Bevor sie heiratete, schrieb sie regelmäßig und ausführlich: Die junge Frau war viel unterwegs, ging mit ihren Freundinnen Milli und Dini auf Bälle und Feste, in Ausstellungen und ins Theater, unternahm mit FreundInnen und Familie Ausflüge und kleinere Reisen. In Krems schien sie von zahlreichen Verehrern umgeben, die sie sämtlich abwimmelte, denn Wetti Teuschl hatte sich schon für Johann Baumgartner, einen Gehilfen in einem Herrenbekleidungsgeschäft, entschieden. Die Schilderungen der komplizierten Liebesgeschichte – durchsetzt von vielen Streitereien und Enttäuschungen – sagen viel über die Möglichkeiten der Begegnung zwischen wohlerzogenen jungen Frauen und deren Verehrern in der kleinen Stadt aus. […] Für kurze Zeit arbeitete er [Johann Baumgartner] bei einem Herrenausstatter auf der Mariahilfer Straße, mitten im traditionellen Textilviertel, um dann mit einer eigenen Gemischtwarenhandlung ein heiratsfähiger Geschäftsmann zu werden. Geheiratet wurde im Juni 1872 in Krems, die Braut hielt dazu im Tagebuch fest: „Ich will und werde meine Hochzeit in Krems feiern, warum? ich weiß es nicht vieleicht ist es die letzte Mädchenlaune.“ […]“

Text (gekürzt): Nikola Langreiter aus: Frauenleben in Niederösterreich, Einblicke in ein bürgerliches Frauenleben zwischen Wien und Krems, S. 29-35

7. Februar 2014

Karpfen

Der Karpfen (Cyprinus carpio) … ein Einwanderer mit Tradition

Karpfen im Donaubecken / Landesmuseum,
Foto: M. Schaar
Kaum jemand, der ihn nicht kennt. Der Karpfen gehört zu den am längsten genutzten Fischarten, hat eine lange Tradition als Fasten- und Weihnachtsspeise und wird seit jeher in den Fischteichen des Waldviertels und auch in anderen Regionen Niederösterreichs gezüchtet. Wer würde bei solch einer traditionsreichen Fischart an einen Einwanderer denken? Und dennoch ist es so.
Seine Heimat lag ursprünglich vom Schwarzen Meer ostwärts bis China und Vietnam. Es waren wohl die Römer, die die Karpfen nach Europa brachten, aber erst im Mittelalter fand das Schwergewicht unter den Fischen weite Verbreitung in Mitteleuropa. Dabei geholfen hat ihm die christliche Kirche und ihre zur damaligen Zeit bis zu 150 Tage dauernde Fastenzeit. Um diese lange Zeit der Entbehrung kulinarisch aufzuwerten, war man im Mittelalter teilweise sehr erfinderisch. Fisch war an den christlichen Fastentagen als Speise erlaubt und angesichts der Tatsache, dass damals sogar der Biber kurzerhand vom Papst zum Fisch ernannt wurden, um ihn bedenkenlos verzehren zu können. Somit ist es nicht allzu verwunderlich, dass der anspruchslose und leicht zu kultivierende Karpfen bald ein gerngesehener Bewohner der klösterlichen Teiche war. Auch der Fisch, der gerne in warmen, stehenden oder langsam fließendem Gewässern mit reichen Pflanzenbewuchs lebt und mit geringen Sauerstoffkonzentrationen kein Problem hat, fand in den Teichen, die von den Mönche ursprünglich für den Betrieb von Mühlen anlegt wurden, einen idealen Lebensraum.

Auf Grund der regen Zuchttätigkeit gibt es heute nicht mehr nur „den Karpfen“ sondern eine Reihe von Zuchtformen, welche sich hauptsächlich in der Zahl und Anordnung ihrer Schuppen unterscheiden. So wird neben dem Schuppenkarpfen, dessen Körper vollständig beschuppt ist und der häufig nur schwer von der Wildform des Karpfens zu unterscheiden ist, der Zeilkarpfen mit einer Reihe Schuppen entlang des Seitenlinienorgans, der Spiegelkarpfen mit wenigen unregelmäßig angeordneten Schuppen und der Lederkarpfen mit völlig schuppenfreier Haut unterschieden. Aber auch der, als Zierfisch so beliebt und in Asien teilweise zu Höchstpreisen bis in den sechsstelligen Bereich gehandelte Koi, ist in Wahrheit auch nur - nein, kein Mensch, sondern - ein Karpfen.

Karpfen im Donaubecken / Landesmuseum,
Foto: M. Schaar
Die meiste Zeit verbringen die gierigen Karpfen mit Nahrungssuche. Das wie ein Rüssel nach unten ausstülpbare Maul, dessen Oberlippe zum Ertasten von Futter mit vier Barten versehen ist, verrät, dass er dieses meist am Boden des Gewässers sucht. Er durchwühlt den schlammigen Grund regelrecht nach Nahrung. In der Fischersprache nennt man dieses Verhalten „Grundeln“. Dadurch verwandeln Karpfen jeden Teich in eine eher trübe Suppe, die nicht wirklich zum Baden einlädt.
Als sogenannter Friedfisch ernährt sich der geschätzte Teichbewohner hauptsächlich vegetarisch, aber auch Würmer, Krebstiere, Insektenlarven und sogar kleine Fische können im Maul des gemächlichen Fisches verschwinden.
Wer schon einmal Karpfen gefischt hat weiß, dass es fast nichts gibt, was die beliebten Anglerfische verweigern würden. Als Köder funktionieren, neben Kukuruzkörnern aus der Dose, auch gekochte Erdäpfel, Knödel, Brot sowie Hundefutter und sicher vieles mehr.

BesucherInnen, die schon einmal bei der Fischfütterung im Donaubecken des Landesmuseums zugesehen haben, können bestätigen, dass die Karpfen die mit Abstand gefräßigsten Fische in diesem Aquarium sind. 

Die Tierpflegerinnen haben immer wieder Mühe den anderen Fischen im Becken auch etwas zukommen zu lassen. Selbst die Fischstücke, die eigentlich für Hecht und Welse bestimmt sind, werden von den hungrigen Mäulern der Karpfen blitzschnell eingesaugt.
Donaubecken im Landesmuseum, Foto: M. Schaar
Diese Mäuler erscheinen den BeobachterInnen völlig zahnlos. Jedenfalls hat der Karpfen keine Zähne, die man auf den ersten Blick erkennen würde. Seine Zähne sitzen nicht, wie bei den meisten Tieren, am Kiefer sondern tief im Schlund und können daher von außen nicht gesehen werden. Die sogenannten Schlundzähne kommen bei vielen karpfenartigen Fischen, aber auch bei Barschen vor und können auf Grund ihrer einzigartigen Form zur Bestimmung der Art herangezogen werden. Mit ihnen kann der Karpfen zwar nicht beißen, aber kauen kann er allemal.

Die friedlichen Fische erreichen Größen von bis zu einem Meter und können über 30 kg wiegen. Die Geschlechtsreife setzt mit drei bis vier Jahren ein. Erwachsene Tiere treffen sich während der Laichzeit zwischen Mai und Juni in seichten, pflanzenreichen Gewässerbereichen zur Paarung. Paarungsbereite Milchner, wie männliche Fische genannt werden, tragen einen Laichausschlag, der den Weibchen oder Rognern genannt, ihren Paarungswillen signalisiert. Dieser äußert sich in Form eines körnigen, weißen Belags auf Vorderflossen und Kopf.
Karpfen halten nicht viel von Treue und Monogamie, meist werden die vielen tausenden Eier eines Weibchens gleich von mehreren Männchen besamt. Dabei geht es erstaunlich ruhig zur Sache. Nach vollendetem Liebesspiel trennen sich die Partner und überlassen die Eier ihrem Schicksal. Brutpflege, wie bei vielen anderen Fischen üblich betreibt der Karpfen nicht.


Karpfen, Donaubecken im Landesmuseum,
Foto: A. Giesswein

Stimmen die Bedingungen für die Fortpflanzung nicht, also wenn es keinen geeigneten Laichplätze gibt oder das Wasser zu kalt ist, bildet der Rogner die Eier zurück und es kommt nicht zur Eiablage. Karpfen sind zwar nicht besonders wählerisch was ihren Lebensraum betrifft, aber zur natürlichen Vermehrung kommt es nur bei perfekten Bedingungen. Genau das ist auch der Grund, warum dieser an und für sich recht häufige Fisch, auf der roten Liste gefährdeter Tiere in Niederösterreich als „stark gefährdet“ eingestuft ist. Er wird wohl so schnell nicht aussterben, aber seine Bestände können auf Grund fehlender Laichplätze, vielerorts nur durch künstlichen Besatz erhalten werden. Ein befestigtes Ufer ohne Wasserpflanzen und ins Wasser reichende Wurzeln und Versteckmöglichkeiten ist halt kein geeigneter Platz für kleine Fische. Das sehen wahrscheinlich nicht nur Karpfenmütter so.

Als Speisefisch hat der Karpfen, nicht zuletzt durch die Erhebung des „Waldviertler Karpfens“ zur Genussregion, in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen. Wer möchte auch einen tausende Kilometer weit gereisten, mit Antibiotika vollgestopften Pangasius aus dem Mekongdelta essen, wenn er einen frischen Karpfen aus dem nahen Waldviertel bekommen kann. Auch die Zubereitungsmöglichkeiten gehen weit über gebackenen Karpfen mit Erdäpfelsalat hinaus und wenn man ihn schröpft, sprich die Haut in regelmäßigen Abständen vor der Zubereitung leicht einschneidet, dann sind auch seine manchmal störenden Gräten kein Problem.

„Wenn Sie also das nächste Mal im Geschäft vor dem Fischregal stehen, entscheiden Sie sich für die gesunde, heimische und umweltschonende Variante, den Karpfen!“

http://www.soschmecktnoe.at/genussregion-waldviertler-karpfen
http://www.waldviertler-karpfen.at/
http://www.genuss-region.at/genussregionen/niederoesterreich/waldviertler-karpfen/index.html
http://www.niederoesterreich.at/portal/?tt=NOE09_R256&id=144517


Text: Mag. Elisabeth Holovsky