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Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

16. November 2012

Bodentiere

Von toten und lebenden Fossilien

Nichts ist so beständig wie der Wandel.” (Heraklit)
Die Welt ist im ständigen Wandel. Auch Niederösterreich ist davon nicht ausgenommen. Zeugen dieser vielfachen Veränderung sind Fossilien, Spuren und Reste von früherem Leben.
In Niederösterreich finden sich Fossilien sehr unterschiedlicher Zeiten mitunter sehr nahe beieinander. So kann man in der Gegend um Lunz 220 Millionen alte fossile Riesenschachtelhalme und Palmfarne aus einer warmen, subtropischen Epoche ebenso finden wie „nur“ 100.000 Jahre alte Höhlenknochenbären aus der kühlen Eiszeitperiode.

Ammonit aus der Ausstellung
"Kiesel & Klunker", Foto: H. Lackinger

Aussterbeereignisse

Mehrfach in der Erdgeschichte war das Leben auch extremen Ereignissen ausgesetzt, die vielen Arten und Lebensformen auslöschten. Salopp fasst man sie als „Big Five“ zusammen.
Am bekanntesten ist, wohl wegen dem Aussterben der Dinosaurier, das große Sterben, vor 65 Millionen Jahren. Das hat auch den Nachkommen „unseres“ Dinos, dem Struthiosaurus austriacus, der vor 80 Millionen Jahren Niederösterreich bewohnt hat, das Ende bereitet. Gewaltiger als vor 200 Millionen Jahren waren wohl die Ereignisse am Ende des Perms, vor rund 250 Millionen Jahren, als etwa 90% der Arten ausstarben.

Lebende Fossilien

Umso erstaunlicher ist es, dass manche Tier und Pflanzenarten sich über Jahrmillionen, über mehrere Aussterbeereignisse hinweg, behaupten konnten. Zwei solche „lebende Fossilien“ kann man auch in Niederösterreich antreffen, den Ginkgo und den Triops.

Ein Baum mit Wurzeln im Erdaltertum

Die frühesten fossile Belege der Ginkgogewächse stammen aus dem Erdaltertum und sind 290 Millionen Jahre alt. Vor 150 Millionen Jahren war die „Ginkgo-Sippe“ mit über 100 Arten fast weltweit verbreitet. 70 Millionen Jahre alte fossile Blätter lassen sich in ihrer Form von heutigen kaum unterscheiden. Und bis vor weniger als 5 Millionen Jahre wuchsen Ginkgobäume in den Laubmischwäldern Europas!
Überlebt hat eine einzige Art in China: Ginkgo biloba. In Asien wird der Ginkgo seit Jahrtausenden als Tempelbaum gepflanzt. Bäume, die über 1000 Jahre alt sind, zeugen von dieser kulturhistorischen Bedeutung.
Wegen seiner unglaublichen Vitalität und Robustheit wird der Ginkgo heute weltweit vor allem in Städten und an viel befahrenen Straßen angepflanzt. Wer die Dinosaurier überlebt hat, sogar nach dem Atombombenabwurf in Hiroshima wieder ausgetrieben ist, dem kann menschliche Luftverschmutzung nicht wirklich etwas anhaben!

Versteinertes aus der Ausstellung "Kiesel & Klunker",
Foto: H. Lackinger

Triops cancriformis, die älteste lebende Tierart der Welt

Wenn die March über die Ufer tritt, wird der Entwicklungszyklus eines „Urzeitkrebses“, des Triops cancriformis, rasend schnell in Gang gesetzt. Es gilt den Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen. Denn bald werden die überfluteten Wiesen und Gräben wieder trocken fallen!
Aus Dauereiern, die Jahrzehnte, möglicherweise sogar Jahrhunderte überdauern können, schlüpfen bei 18°C bereits nach 36 Std. die Larven. Je nach Wassertemperatur haben die Weibchen 14 Tagen später an den Beinen wieder Eibehältern mit Eiern ausgebildet. Und wenn das Hochwasser geht, liegen im Sand bereits die Dauereier für die kommende Generation vor.
Triops gab es bereits in der Obertrias, vor 220 Millionen Jahren, als die Dinosaurier „noch in den Kinderschuhen“ steckten. Er ist damit die älteste bekannte lebende Tierart der Welt! Solche Tiere „vor der „Haustüre“ zu haben ist doch sensationell. Sie stehen übrigens unter Schutz, dürfen aus der Natur also nicht entnommen werden!

„Lebende Fossilien“ zeigen wie groß die Verantwortung des heutigen Menschen für diese und auch alle anderen Tier- und Pflanzenarten ist. Sie haben Jahrmillionen überlebt, große Veränderungen und extreme Aussterbeereignisse überstanden. Und es wäre wirklich kein gutes Zeugnis für den Menschen, wenn er das „6. Aussterbeereignis“ darstellen würde an dem diese unglaublichen Organismen schließlich scheitern sollten.

Quellen


MikroLabor im Landesmuseum zum
Thema Bodentiere, Foto: M. Schaar
•    Walter JUNG (1998) Der Ginkgo-Baum, ein Unikum mit Vergangenheit. http://160.45.81.170/mehr/palaeo/edu/lebfoss/ausstellung/index.html
•    Erich THENIUS (2000) Lebende Fossilien. Oldtimer der Tier- und Pflanzenwelt. Zeugen der Vorzeit. Verlag Dr. Friedrich Pfeil: München.
•    Maria SCHMID, Helga SCHMOLL (1994) Ginkgo: Ur-Baum und Arzneipflanze. Mythos, Dichtung und Kunst. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart.


Text: Mag. Norbert Ruckenbauer

Die Ausstellung "Kiesel & Klunker - Vielfalt aus Niederösterreichs Boden" ist noch bis 17.03.2013 im Landesmuseum zu sehen.

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