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Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Niederösterreich, Austria
Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

14. Februar 2013

Kreuzotter

„Gefährliche Schönheit“ – die Kreuzotter in Niederösterreich

Terrarium Kreuzotter im Landesmuseum,
Foto: M. Schaar
„Sind die echt?“ – Diese Frage wird oft von Kindern  im Rahmen von Führungen im Landesmuseum Niederösterreich gestellt, sobald man am Terrarium der Kreuzottern angelangt ist. Oft findet man nämlich dort fast bewegungslos ruhende, überraschend kleine Schlangen auf dem Baumstumpf oder dem Stein unter der künstlichen Licht liegend vor. Meist dauert es aber nicht lange, bis man das erste „Züngeln“ eines der Tiere beobachten kann. Das schnelle, wiederholte Herausstrecken und Zurückziehen der typisch an der Spitze gespaltenen Zunge dient der geruchlichen Orientierung der Schlange, indem Geruchsstoffe in das Jacobsonsche Organ befördert werden, ein grubenförmiges Riechorgan in der Gaumengegend. 


Kreuzotter, Foto: M. Schaar
Der Grund für die vielen Ruhephasen der Kreuzottern an genau dieser Stelle ist, dass sie als wechselwarme Reptilien ihre Körpertemperatur nicht regulieren können und sich an einer Wärmequelle aufwärmen müssen, um zu ihrer „Betriebstemperatur“ zu kommen. Diese Quelle ist in der Natur die Sonne und im Gehege die genannte Wärmelampe. Haben sich die Tiere morgens genug aufgewärmt, beginnen sie mit der aktiven Nahrungssuche nach kleinen Wirbeltieren wie Mäusen, Fröschen oder Eidechsen. Auch dieses Verhalten kann im Museum beobachtet werden, wenngleich sie hier regelmäßig mit Futtermäusen versorgt werden. In freier Natur werden Beutetiere aufgrund ihrer Körperwärme aufgespürt und mit einem Biss der Giftzähne getötet. Nach einer ausgiebigen Mahlzeit können die Schlangen tagelang ohne Nahrung auskommen und müssen daher auch in der Tierhaltung nicht täglich von den Tierpflegern gefüttert werden.

In Österreich gibt es zwei Familien von Schlangen, die ungiftigen Nattern und die giftigen Vipern bzw. Ottern, zu denen die Kreuzotter gehört. Neben dem eher plumpen Körperbau und dem stärker abgesetzten Kopf und Schwanz ist die senkrecht stehende, schmale Pupille das wichtigste, wenn auch im Feld weniger geeignete Erkennungsmerkmal der Ottern.


Die lebendgebärenden Kreuzottern erreichen eine Länge von 50-70 Zentimetern, wobei Weibchen größer werden als Männchen. Damit sind sie um einiges kleiner als die harmlosen heimischen Ringel- und Äskulapnattern (letztere bringen es auf etwa 1,5 bis 2 Meter Länge). Ihre Färbung variiert von bräunlich bis ganz schwarz oder auch kupferrot. Hellere Kreuzottern zeigen das typische dunkle,  bei Männchen schwarze,  bei Weibchen eher braune Zickzackband am Rücken. Hier kann man ein weiteres häufiges Missverständnis aufklären: Ganz schwarze Exemplare werden auch „Höllenotter“ genannt, es handelt sich hierbei aber nicht um eine eigene Art sondern lediglich um eine dunkle Farbvariante der Kreuzotter, die sich mit helleren Tieren kreuzen kann und sich in Größe, Giftigkeit und Verhalten nicht von diesen unterscheidet. Sehr dunkle Individuen sind vor allem im Gebirge gut angepasst, da die dunkle Farbe mehr Wärme absorbiert und weniger reflektiert. Die ungiftige Glatt- oder Schlingnatter ist übrigens bei uns die einzige Schlange, bei der es aufgrund des ähnlichen Äußeren zu Verwechslungen mit der Kreuzotter kommen kann.
 

Höllenotter, Foto: M. Schaar
Kreuzottern kommen in allen österreichischen Bundesländern außer Wien und dem Burgenland vor. Typische Standorte, an denen man Kreuzottern auch in Niederösterreich begegnen kann, sind alpine oder subalpine Biotope wie Geröllhalden und Zwergstrauchgesellschaften sowie sonnenexponierte Stellen wie Waldränder, Lichtungen oder auch Moore und Sumpfgebiete. Die Kreuzotter ist nach der Ausrottung der Wiesenotter die einzige Giftschlange Niederösterreichs. Die Hornotter oder Sandviper kommt nur im Süden Österreichs (Kärnten, Steiermark) vor.
Die wichtigste und häufigste Frage bezieht sich natürlich auf die Giftigkeit der Kreuzotter. Hier spielen die Angst vor einem Biss, zum Teil aber auch tiefer liegende, irrationale Ängste bis hin zur Schlangenphobie, eine große Rolle, wodurch viele Schlangen, egal welcher Art, leider häufig grundlos getötet werden. Das Gift der Kreuzotter ist hoch wirksam, ein Biss ist aufgrund der geringen Giftmenge aber nur in Ausnahmefällen, etwa bei alten oder geschwächten Menschen, wirklich gefährlich. Für einen gesunden Erwachsenen wäre eine Giftmenge von etwa fünf Kreuzottern nötig, um tödlich zu wirken. Symptome sind eine starke Schwellung um die Biss-Stelle, seltener können auch Kreislaufprobleme, Atemnot und Herzbeschwerden auftreten. Es gilt daher im Falle eines Bisses, die Ruhe zu bewahren (da Stress die Beschwerden nur verstärkt), die betroffene Stelle ruhig zu stellen, eventuell zu kühlen und hoch zu lagern und einen Notarzt zu verständigen, aber auf eigene „Behandlungsmethoden“ wie Abbinden, Aussaugen des Giftes oder gar Aufschneiden der Wunde zu verzichten. Eine mehrtägige stationäre Beobachtung ist angebracht. Es kommt allerdings nur sehr selten überhaupt zu Bissen, da Kreuzottern sehr scheue Tiere sind, die bei Beunruhigung und Bodenerschütterungen sofort flüchten und meist gar nicht wahrgenommen werden. Die Schlangen meiden es, unnötig Gift, das zur Nahrungsbeschaffung lebensnotwendig ist, zu verschwenden, und beißen nur, wenn sie direkt bedroht sind, wie bei Anfassen oder Drauftreten.  
 

Kreuzotter, Foto: M. Schaar
Wie so oft liegt die Gefährdung vielmehr auf der Seite des Tieres, denn auch die Kreuzotter leidet unter der Zerstörung ihrer Lebensräume, wie der Verbuschung oder Aufforstung von Sonnenplätzen und Lichtungen oder Zerschneidung von Waldgebieten durch große Straßen. Früher wurden Kreuzottern, ebenso wie ihre kleinen Verwandten, die Wiesenottern, gefördert durch „Kopfprämien“, massenhaft getötet. Heute sind Maßnahmen zur Bestandssicherung notwendig.
 

Zum Schluss noch ein paar Worte zur Wiesenotter. Diese kleine Giftschlangenart war früher ebenfalls in Niederösterreich häufig (z.B. Laxenburg), wurde aber bereits in den 1960er Jahren ausgerottet. Der letzte österreichische Nachweis stammt aus dem Jahr 1973 im Burgenland. Heute ist sie in ganz Europa vom Aussterben bedroht. Ein wichtiges Projekt betrifft die Rettung der ungarischen Wiesenotter, das auch bedeutend für das Grenzgebiet zwischen Ungarn und dem Burgenland ist.
Nähere Informationen unter www.rakosivipera.hu/de/.




Text: Mag. Michael Schroll

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