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Seit 2011 gibt es den Museumsblog. Bis 31. Juli 2016 waren es Themen, die im Zusammenhang mit den drei Kernbereichen des Landesmuseum Niederösterreich (Geschichte - Kunst - Natur) standen. Mit 1. August 2016 wird das Landesmuseum zum Museum Niederösterreich und somit ist der Museumsblog unter neuer Adresse zu finden: www.museumnoe.at/de/das-museum/blog

31. Juli 2014

Frauenportrait # 24


 

 

# 24: Katharina Schratt – eine Karriere als Schauspielerin

Katharina Schratt in jungen Jahren
© UB Foto



Die Schratts waren eine angesehene Familie in Baden. Aus Konstanz war der 1773 geborene Großvater Katharinas Chrysostomos Schratt als junger Mann 1793 nach Wien gekommen, um an der Universität zu studieren. 1798 legte er seine Prüfung als Wundarzt ab, zwei Jahre später als Geburtshelfer. Als in Baden eine Chirurgen-Stelle frei wurde, bewarb er sich darum und ließ sich dort 1800 nieder. Sein Tätigkeitsbereich war umfangreich: Er versorgte nicht nur die Kranken in Baden und Umgebung, die Armen in der Wohltätigkeitsanstalt Mariazellerhof, sondern auch während der Napoleonischen Kriege die Soldaten im Lazarett, und half bei Tierseuchen auch als Tierarzt aus. Trotzdem fand er Zeit für medizinische Studien und verfasste u.a. auch eines der ersten Bücher, das sich mit der Heilkraft der Schwefelquellen in Baden auseinandersetzte.
Chrysostomos Schratt heiratete Rosalia Binz, die Tochter des Wiener Buchhändlers Johann Georg Binz, der zu den Gewinnern der josephinischen Reformen zählte. Während der Klosteraufhebungen hatte er um wenig Geld Bibliotheken der säkularisierten Klöster erworben und sie dann mit hohem Profit weiterverkauft. Er legte sein Vermögen u.a. in Immobilien an und erwarb zwei Häuser in Baden. Fünf Söhne brachte Rosalia Schratt zur Welt. Der älteste Sohn, Johann, übernahm die Buchhandlung des Großvaters in Wien. Anton Schratt (1804–1883), der mittlere Sohn, betrieb im Haus seines Vaters – heute Hauptplatz Nr. 22 – ein Geschäft mit Papier und Bürowaren. 1837 kaufte er Leopold Wallner das Haus Theresiengasse 1 (heute „Schratthaus“) ab. 1846 heiratete er dessen Tochter Katharina Wallner.
Katharina Wallner war am 22. Mai 1825 zur Welt gekommen. Ihr Vater Leopold Wallner war ein Drechslermeister, der aus Perlmutt und Elfenbein Schmucksachen anfertigte, die bei den Kurgästen beliebte Andenken waren. Weiters besaß er einen Gasthof. Seine Ehefrau holte er sich aus dem damals ungarischen Sauerbrunn. Sechs Kinder bevölkerten das Haus am Hauptplatz 8. Katharina war die zweitälteste. Ihr Vater, der auch Kommandant der „Städtischen-Feuerlösch-Vorrichtungen“ war, verunglückte bei einem Löscheinsatz 1841. Die Mutter starb 1845. Der frühe Verlust der Eltern war wohl ausschlaggebend dafür, dass sie den 20 Jahre älteren Freund der Familie, Anton Schratt, ehelichte. Auch sie schenkte sechs Kindern das Leben, allerdings überlebten nur drei davon. 1851 kam Heinrich zur Welt, der in Baden später einen Milchausschank betrieb und mit Rindern handelte. 1890 zog er mit seiner Familie nach Kärnten und ließ sich dort als landwirtschaftlicher Grundbesitzer nieder. 1853 kam Katharina zur Welt und als letztes Kind 1860 dann Rudolf Schratt, der mit seiner Schwester die Begeisterung fürs Theater teilte. Er studierte in Sachsen Maschinenbau und arbeitete dann in der Maschinenfabrik Escher & Wyß in Leesdorf bei Baden, später bei der Alpine Montangesellschaft. Seinen Ideen und Anregungen verdankt Baden die Sommerarena mit der fahrbaren Dachkonstruktion.
Katharina Schratt wuchs wohlbehütet von Eltern und Brüdern in einem gutbürgerlichen Haus auf. Die Familie gehörte zu den führenden Badens. Schon früh fühlte sie sich zum Theater hingezogen. Die Leidenschaft hatte sie wohl von ihrem Vater geerbt, der als junger Mann einmal selbst im Badener Stadttheater als Fürst Dagobert in dem Drama „Hermann, der Retter Deutschlands“ aufgetreten war. Über die Wünsche und Pläne seiner Tochter war er allerdings nicht erfreut. 1868 gab sie ihr „Bühnendebüt“ anlässlich einer Aufführung der „Dillettanten-Bühne“ Leobersdorf. Im Theaterstück „Eigensinn“ von Heinrich Benedix spielte sie das Dienstmädchen Lisbeth: In der lokalen Kritik hieß es: „… herzig im vollsten Sinn war Frl. Katharina Schratt als Lisbethchen, dem die Aufgabe zu Theil geworden, den Knoten des Stückes zu schürzen. Sie war wie geschaffen zu dieser Rolle, die wie auf den Leib geschrieben zu ihrer niedlichen Erscheinung paßte.“ Im selben Jahr spielte sie auch im Stadttheater Baden im Lustspiel „Zündhölzchen zwischen zwei Feuern“. Katharina wurde nun nach Köln in ein Pensionat „verschickt“. Dort sollten ihr die Flausen ausgetrieben werden. Viel Erfolg war dieser Aktion nicht beschieden. Nach nur wenigen Monaten kehrte sie ohne Schulabschluss nach Baden zurück. Ihr Wille war ungebrochen. Schließlich gab der Vater nach und erlaubte ihr, die Kierschnersche Theater-Akademie in Wien zu besuchen. 1872 schloss sie die Ausbildung ab, und drei Wiener Bühnen wollten sie gleich vom Fleck weg engagieren: das Burgtheater, das Stadttheater und das Carltheater. Sie entschied sich aber für Berlin: Das Königliche Schauspielhaus bot ihr ein Engagement als jugendliche Naive an. Am 6. April 1872 debütierte sie in Johann Wolfgang Goethes Schauspiel „Die Geschwister“. Während des Sommers gab sie Gastspiele in Enns und Baden. 1873 kehrte sie nach Wien zurück und spielte am Wiener Stadttheater, dem sie bis 1881 verbunden blieb. 1879 heiratete sie den ungarischen Konsularbeamten Nikolaus Kiss de Ittebe. 1880 trennte sie sich wieder von ihm; im selben Jahr wurde ihr Sohn Anton geboren.
Am 10. November 1883 erreichte Katharina Schratt das Ziel aller SchauspielerInnen dieser Zeit: Sie gab ihr Debüt am k. u. k. Burgtheater, damals noch im alten Haus am Michaelerplatz. Auf dem Spielplan stand das Schauspiel „Dorf und Stadt“. Die Zeitungskritiken waren durchwegs positiv, weniger positiv die Gedanken ihrer neuen Kollegen: So vermerkte Hugo Thimig in seinem Tagebuch wenig schmeichelhaft: „Sie ist, was man sagt, ein lieber Kerl. Gar zu jung nicht mehr. Einige dreißig. Ein tiefliegendes, rauhes Organ. Manchmal drollig. Keine Vertiefung und Innerlichkeit.“ 1887 erfolgte ihre Ernennung zur Hofschauspielerin. Obwohl ihre Stärke eher im komischen Fach lag und sie in Lustspielen sowie Volksstücken brillierte, findet sich ihr Name auch in den Besetzungslisten von Klassikern: So spielte sie z.B. die Lady Percy in Shakespeares König Heinrich IV., die Elisabeth von Valois in Schillers Don Carlos oder das Käthchen in Kleists Käthchen von Heilbronn. Nach Differenzen mit der neuen Burgtheaterführung kündige Katharina Schratt ihren Vertrag per 7. Oktober 1900 und ging im Alter von 47 Jahren „in Pension“.

Katharina Schratt als Maria Theresia
© UB Foto
Ein Jahr später wurde sie rückfällig und feierte im Theater an der Wien ein triumphales Comeback. Für wohltätige Zwecke spielte sie u.a. im „Meineidbauer“ von Ludwig Anzengruber. Felix Salten nutzte seinen Bericht über die Premiere zu einer Kritik am Burgtheater: „Frau Schratt spielt die Vroni in Anzengrubers Meineidbauer. Für österreichische Gestalten aus dem Volke besitzt das Burgtheater recht wenig Darsteller. Es wird im ersten Theater der Monarchie viel gesächselt, geschwäbelt, berlinert, aber wienerisch, österreichisch wird nicht gesprochen. Da war es gewiß sachlich nicht zu rechtfertigen, eine Frau ziehen zu lassen, die das seltene Element des ‚Kreuzbraven‘ so frisch verkörpert. Nun, da auch Nestroy seinen Einzug im Burgtheater gehalten, bleiben zur Verkörperung österreichischer Typen fast nur mehr Schwaben, Sachsen und Preußen.
Fast einen Eklat in der Wiener Theaterszene gibt es zwei Jahre später, als Katharina Schratt die Rolle der Maria Theresia im gleichnamigen Theaterstück von Franz von Schönthan verkörperte. Das Schauspiel sollte ursprünglich seine Premiere unter dem Titel „Die Kaiserin“ erleben. Das wäre dann doch zu provokant gewesen – denn seit 1886 war sie die „liebe, gute Freundin“ des Kaisers:

Über Katharina Schratt – die Vielgeliebte lesen Sie in der kommenden Woche.
Text: Dr. Elisabeth Vavra

Lit.:
Georg Markus, Katharina Schratt. Die heimliche Frau des Kaisers. Wien 1982.
Henriette Povse, Das Kochbuch der Familie Schratt. Kulinarische Geschichten aus Baden, herausgegeben von Rudolf Maurer, mit einem Beitrag von Manfred Ronge. Erfurt 2012.
Georg Markus, Es war ganz anders, Geheimnisse der österreichischen Geschichte. Wien 2013.
Katrin Unterreiner, Kein Kaiser soll uns stören. Katharina Schratt und die Männer. Wien-Graz-Klagenfurt 2014.

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