Barbara, genannt Wetti, Baumgartner
(geb. Teuschl)
Fräulein Wetti Teuschl (Privatarchiv Fam. Hörner) |
Barbara Baumgartner (1851-1944) entstammte einer gutbürgerlichen Fuhrwerksunternehmersfamilie aus Krems.
Mit ihrem Ehemann Johann Baumgartner
eröffnete sie verschiedene Geschäfte und Fachhandlungen in Wien und
Krems, die sie jedoch jeweils nach kurzer Zeit wieder schließen
mussten.
In der Ausstellungspublikation
„Frauenleben in Niederösterreich“ hat Nikola Langreiter in ihrem
Katalogbeitrag „Einblicke in ein bürgerliches Frauenleben zwischen
Wien und Krems“ (S. 29-35) das Tagebuch der Wetti Teuschl
(1870-1885) analysiert.
Hier ein kurzer Auszug:
„Beim ersten Eintrag in ihr Tagebuch
1870 war die Schreiberin 18 Jahre alt. Sie verlebte in ihrem Kremser
Elternhaus verhältnismäßig sorglose Tage, nicht untypisch für
eine mittelständische Bürgerstochter in einer Kleinstadt der
Habsburgermonarchie zu dieser Zeit. Die Familie war gesellschaftlich
angesehen, führte ein standesgemäßes Leben. Die Mutter leitete,
unterstützt von einer Dienstbotin, das Hauswesen. Dem Vater gehörte
ein Stellwagen- und Fuhrwerksunternehmen, er hatte ein Amt bei der
Feuerwehr inne und nahm am örtlichen Honoratiorentisch Platz. Zwei
Stadthäuser befanden sich im Besitz der Familie, Wohnungen und
Geschäftslokale wurden vermietet. Welche Ausbildung Wetti Teuschl
zuteil geworden war, ist nicht überliefert. […]
„Mit Gott!“ hatte Wetti Teuschl
ihre Aufzeichnungen begonnen und damit einen zeitgenössisch üblichen
Einstieg gewählt. Auffallend ist, dass sie ein kleines, einfaches
Notizbuch verwendete und nicht das typische (Mädchen-)Tagebuch mit
Prägedruck, Goldschnitt und Schlösschen.“
Das Original befindet sich in
Familienbesitz, eine Kopie in der Sammlung Frauennachlässe
(http://www.univie.ac.at/Geschichte/sfn/)
der Universität Wien, und als kommentierte Edition ist es 2010 bei
Böhlau erschienen.
„Das Tagebuchschreiben war im 19.
Jahrhundert überaus modern geworden und in bürgerlichen Kreisen
besonders Mädchen und jungen Frauen anempfohlen. Unter Aufsicht
ihrer Mütter oder Lehrerinnen sollten sie sich schreibend darauf
vorbereiten, taugliche Bräute und Ehefrauen zu werden. Diese
Tagebücher wurden daher „Warte-Hefte“ genannt und folgerichtig
meist mit der Verheiratung beendet. Es war also ungewöhnlich, dass
Wetti Teuschl ihr Diarium – in anderer Form, aber doch – auch als
Ehefrau weiter führte.
Bevor sie heiratete, schrieb sie
regelmäßig und ausführlich: Die junge Frau war viel unterwegs,
ging mit ihren Freundinnen Milli und Dini auf Bälle und Feste, in
Ausstellungen und ins Theater, unternahm mit FreundInnen und Familie
Ausflüge und kleinere Reisen. In Krems schien sie von zahlreichen
Verehrern umgeben, die sie sämtlich abwimmelte, denn Wetti Teuschl
hatte sich schon für Johann Baumgartner, einen Gehilfen in einem
Herrenbekleidungsgeschäft, entschieden. Die Schilderungen der
komplizierten Liebesgeschichte – durchsetzt von vielen Streitereien
und Enttäuschungen – sagen viel über die Möglichkeiten der
Begegnung zwischen wohlerzogenen jungen Frauen und deren Verehrern in
der kleinen Stadt aus. […] Für kurze Zeit arbeitete er [Johann
Baumgartner] bei einem Herrenausstatter auf der Mariahilfer
Straße, mitten im traditionellen Textilviertel, um dann mit einer
eigenen Gemischtwarenhandlung ein heiratsfähiger Geschäftsmann zu
werden. Geheiratet wurde im Juni 1872 in Krems, die Braut hielt dazu
im Tagebuch fest: „Ich will und werde meine Hochzeit in Krems
feiern, warum? ich weiß es nicht vieleicht ist es die letzte
Mädchenlaune.“ […]“
Text (gekürzt): Nikola Langreiter aus:
Frauenleben in Niederösterreich, Einblicke in ein bürgerliches
Frauenleben zwischen Wien und Krems, S. 29-35
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