So fragten die Gelehrten an der Schule von Salerno – eine der wichtigsten medizinischen Lehranstalten im Mittelalter – ihre Schüler. Salbei galt seit der Antike als eine der wichtigsten Heilpflanzen.
Sie fragen sich vielleicht, warum ich heute ausgerechnet auf den Salbei zu sprechen komme; daran sind nicht die Halsschmerzen schuld, die viele von uns derzeit quälen, und der Salbeitee, mit dem wir gerade in der Hoffnung auf Besserung gurgeln. Nein – es gibt einen anderen Grund:
Der Salbei ist zur Aromapflanze des Jahres 2015 gekürt worden. Seit einigen Jahren wählt VAGA – die Vereinigung für Aromapflege und gewerbliche Aromapraktiker/innen – eine Pflanze zur Aromapflanze des Jahres. Rund um die jeweilige Duftpflanze wird auch ein Wettbewerb – „thescenteddrop“ – ausgeschrieben, an dem sich jeder beteiligen kann. Die Preisverleihung des „Duftpflanzenoscars“ findet heuer am 19. September 2015 in Graz statt. Jedes Jahr werden die ungewöhnlichsten und stimmigsten Ideen bzw. Kreationen rund um die Duftpflanze des Jahres ausgewählt. Ausgeschrieben werden Projekte in sechs Kategorien: Wissenschaft, Gesundheit & Forschung, Gewerbe, Kulinarik & Genuss, Kunst & Handwerk, Kultur & Geschichte, Gartenbau & Landwirtschaft. Einreichfrist ist der 30. Juni 2015. Das Projekt „thescenteddrop“, das heuer zum dritten Mal stattfindet, soll u.a. eine Basis für eine interdisziplinäre und überregionale Vernetzung von Menschen und Institutionen, die mit heimischen Kräutern bzw. Duftpflanzen arbeiten, schaffen. Wenn Sie mehr erfahren wollen, dann besuchen Sie die Webseite des Projektes unter http://www.thescenteddrop.eu/.
Schon der Name der Pflanze „Salbei“ deutet auf ihr breites medizinisch-pharmazeutisches Wirkungsspektrum hin: Salbei, lateinisch „salvia“ leitet sich „salvare“ – heilen her.
Die Pflanzengattung Salbei ist auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis und Australiens verbreitet und kommt in zahllosen Arten vor; die Botaniker nehmen bis zu 1100 Arten an. Die für Heilzwecke eingesetzten Arten sind u.a. Salvia officinalis L., Salvia sclarea (Muskateller-Salbei) und Salvia fruticosa (Griechischer Salbei, die besonders reich an wirksamen ätherischen Substanzen sind, die auch für den typischen Geruch und den würzigen Geschmack verantwortlich sind.
Salbei wird in unterschiedlichen Verwendungsformen eingesetzt: als Tee, für Waschungen, als Zusatz für Kosmetika, als Tinktur oder als Öl. Traditionell hat Salbei drei Hauptanwendungsgebiete: Er wird bei Atemwegserkrankungen, bei Probleme im Mund- und Rachenraum (einschließlich der Zahnpflege) sowie bei übermäßigen Schwitzen verwendet. In der Vergangenheit war das Spektrum der Anwendung noch viel größer:
Blättern wir doch wieder einmal im Kräuterbuch des Leonhart Fuchs von 1543. Hier finden wir im Kapitel XCII den „Echten Salbei“ gemeinsam mit dem „Griechischen Salbei“ abgehandelt:
„Salbey würdt von den Griechen genent Elelisphacon, von den Lateinischen Salvia, welchen namen die Apotecker behalten haben. […]
Des Salbey seind zwey geschlecht groß unn klein. Der groß Salbey würt also geheyssen von der grossen und breyten bletter wegen, darumb nennt man ihn auch breyt Salbey. Der klein Salbey hat schmelere unnd kleinere bletter, würt auch spitz Salbey und edler Salbey geheyssen. Man nent ihn auch Creutz Salbey vonn wegen der zweyer angehenckten örlin am styl oder end des blats, welche einem creutz gleich seind.
Der groß Salbey ist ein staud mit vilen ästen und stengeln welche vierecket und weißlecht seind. Seine bletter vergleichen sich ettlicher maß mit den Kütten blettern seind aber lenger herter dicker und rauch runtzlecht wie ein beschaben abgetragen wulle kleyd weißlecht und eines starcken geruchs. Die blumen seind purpurbraun mit weiß vermischt, gekrümpt wie ein Adler schnabel. So dise abfallen bringt er in den heüßlin oder secklin same dem Scharlach [Wiesensalbei, Muskateller-Salbei] gleich. Der klein Salbey ist dem vordrigen gleich, aber seine bletter seind schmeler kleiner und weisser oder mehr äschenfarb und haben am styl unden zwey kleine angehenckte örlin, die man am grossen nit findt.
Salbey wechst gern an rauhen orten, doch beyderley geschlecht pflantzt man in allen gärten.
Salbey blüet im Brachmonat [Juni] und Hewmonat [August] und bringt auch zu seiner zeit den samen.
Salbey wermet und zeücht [zieht] zusamen.
Salbeyen bletter in wasser gesotten und getruncken treiben den harn, bringen den frawen ihre zeit unnd treiben auß die todten frucht. Mit disem wasser gezwagen [gewaschen] macht schwartz har. Salbey ist auch gut zu allerley wunden, seubert dieselbigen und heylet sie. Salbey stillet das blut, so auß den wunden laufft, darüber gelegt. Die bletter und äst in wein gesotten und darmit gewäschen vertreiben das jucken an den gemechten [Hoden und Penis]. Salbey übergelegt heylet die bissz der gifftigen Thiern. Salbey mit Wermut gesotten und getruncken heylet die rot rhur. Salbey übergelegt zeücht die würm auß den ohren [Ohrwurm bedeutet Ohrenschmerzen]. Die bletter in wasser gesotten vertreiben den husten und die weetagen der seiten. Salbey ist gut der verstopfften leber.“
Gerade
im Mittelalter waren die Anwendungsweisen des Salbeis auch oft mit
abergläubischen Praktiken verbunden. So lautet etwa ein Rezept gegen
Fieber in einer Handschrift aus dem 15. Jahrhundert: „Nym 3
salvaypletter auff ainem stengel ains morgens vor der sunnen vnd schreyb
auff das ain blatt † pater † pax, auff das ander plat † filius † vita,
auff das dryt plat schreyb † spiritus † sanctus sit tibe contra febrem
remedium amen. Das tue drey morgen vor der sunnen vnd alle male so nym 3
pletter, dor noch so sprich funff pater noster vnd funff ave maria vnd
ain glauben.“
Salbeiblätter wurden auch für Liebeszauber verwendet: „nimm drei Salbeiblätter und schreib auf das erste Adam Eva, auf das andere Jesus Maria, auf das dritte deinen und ihren Namen. Brenn diese Blätter zu Pulver und bringe dies der Person beim Essen oder Trinken bei.“
Nun, vielleicht sollte man sich einer solchen Rezeptur bei einem Essen am kommenden Valentinstag bedienen; wer weiß, vielleicht wirkt der Liebeszauber noch heute. Und Salbei ist ja auch in der Küche ein unverzichtbares Gewürz!
Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra
Sie fragen sich vielleicht, warum ich heute ausgerechnet auf den Salbei zu sprechen komme; daran sind nicht die Halsschmerzen schuld, die viele von uns derzeit quälen, und der Salbeitee, mit dem wir gerade in der Hoffnung auf Besserung gurgeln. Nein – es gibt einen anderen Grund:
Salvia officinalis © thinkstock |
Salvia sclarea © thinkstock |
Die Pflanzengattung Salbei ist auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis und Australiens verbreitet und kommt in zahllosen Arten vor; die Botaniker nehmen bis zu 1100 Arten an. Die für Heilzwecke eingesetzten Arten sind u.a. Salvia officinalis L., Salvia sclarea (Muskateller-Salbei) und Salvia fruticosa (Griechischer Salbei, die besonders reich an wirksamen ätherischen Substanzen sind, die auch für den typischen Geruch und den würzigen Geschmack verantwortlich sind.
Salvia sclarea © thinkstock |
Blättern wir doch wieder einmal im Kräuterbuch des Leonhart Fuchs von 1543. Hier finden wir im Kapitel XCII den „Echten Salbei“ gemeinsam mit dem „Griechischen Salbei“ abgehandelt:
„Salbey würdt von den Griechen genent Elelisphacon, von den Lateinischen Salvia, welchen namen die Apotecker behalten haben. […]
Des Salbey seind zwey geschlecht groß unn klein. Der groß Salbey würt also geheyssen von der grossen und breyten bletter wegen, darumb nennt man ihn auch breyt Salbey. Der klein Salbey hat schmelere unnd kleinere bletter, würt auch spitz Salbey und edler Salbey geheyssen. Man nent ihn auch Creutz Salbey vonn wegen der zweyer angehenckten örlin am styl oder end des blats, welche einem creutz gleich seind.
Der groß Salbey ist ein staud mit vilen ästen und stengeln welche vierecket und weißlecht seind. Seine bletter vergleichen sich ettlicher maß mit den Kütten blettern seind aber lenger herter dicker und rauch runtzlecht wie ein beschaben abgetragen wulle kleyd weißlecht und eines starcken geruchs. Die blumen seind purpurbraun mit weiß vermischt, gekrümpt wie ein Adler schnabel. So dise abfallen bringt er in den heüßlin oder secklin same dem Scharlach [Wiesensalbei, Muskateller-Salbei] gleich. Der klein Salbey ist dem vordrigen gleich, aber seine bletter seind schmeler kleiner und weisser oder mehr äschenfarb und haben am styl unden zwey kleine angehenckte örlin, die man am grossen nit findt.
Salbey wechst gern an rauhen orten, doch beyderley geschlecht pflantzt man in allen gärten.
Salbey blüet im Brachmonat [Juni] und Hewmonat [August] und bringt auch zu seiner zeit den samen.
Salbey wermet und zeücht [zieht] zusamen.
Salbeyen bletter in wasser gesotten und getruncken treiben den harn, bringen den frawen ihre zeit unnd treiben auß die todten frucht. Mit disem wasser gezwagen [gewaschen] macht schwartz har. Salbey ist auch gut zu allerley wunden, seubert dieselbigen und heylet sie. Salbey stillet das blut, so auß den wunden laufft, darüber gelegt. Die bletter und äst in wein gesotten und darmit gewäschen vertreiben das jucken an den gemechten [Hoden und Penis]. Salbey übergelegt heylet die bissz der gifftigen Thiern. Salbey mit Wermut gesotten und getruncken heylet die rot rhur. Salbey übergelegt zeücht die würm auß den ohren [Ohrwurm bedeutet Ohrenschmerzen]. Die bletter in wasser gesotten vertreiben den husten und die weetagen der seiten. Salbey ist gut der verstopfften leber.“
Salvia officinalis © thinkstock |
Salbeiblätter wurden auch für Liebeszauber verwendet: „nimm drei Salbeiblätter und schreib auf das erste Adam Eva, auf das andere Jesus Maria, auf das dritte deinen und ihren Namen. Brenn diese Blätter zu Pulver und bringe dies der Person beim Essen oder Trinken bei.“
Nun, vielleicht sollte man sich einer solchen Rezeptur bei einem Essen am kommenden Valentinstag bedienen; wer weiß, vielleicht wirkt der Liebeszauber noch heute. Und Salbei ist ja auch in der Küche ein unverzichtbares Gewürz!
Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra
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