Die von der Obrigkeit angeordneten Maßnahmen bei Ausbruch der Pest oder einer anderen Seuche fruchteten nur dann, wenn es in den Städten und Märkten auch Personen gab, die sich um deren Organisation und Durchführung kümmerten. Gerade in kleineren Gemeinden spielten dabei neben örtlichen Behörden oft auch die Vertreter der Geistlichkeit eine wichtige Rolle.
So geschah es auch im Gföhlerwald und im Markt Gföhl, als im September 1679 die Seuche ausbrach. Das erste Opfer war der alte Weiglhofer. Pfarrer Peter Franz Gregori nahm dem Sterbenden persönlich die Beichte ab und reichte ihm die Kommunion. Da er ja in der Pfarrei seine gesunden „Schäfchen“ weiter betreuen musste, schickte er Anfang Oktober einen Priester namens Lorenz in den Gföhlerwald, ferner auf eigenen Kosten noch drei Dienstboten und ein Pferd. Der Priester kümmerte sich um das Seelenheil der Erkrankten, spendete ihnen Trost und die Sakramente. Um ihr körperliches Wohlergehen, soweit dies bei einer solchen Erkrankung überhaupt möglich war, kümmerte sich der Pfarrer. Er schickte Arzneien und Lebensmittel zu den Holzknechten in den Gföhlerwald: „Pestlatwerg, Essich (=Essig), Rouckhen (=Räucherwerk), Pilleele (=Pillen), Pfloster, Kerzen, Brot, Fleisch, und Wein.“
Die Vorsichtsmaßnahmen griffen nicht; nach kurzer Zeit mussten nicht nur der Gföhlerwald, sondern auch die umliegenden Orte unter Quarantäne gestellt werden. In Zeiten der Pest waren medizinisch ausgebildete Personen Mangelware. So betätigte sich Peter Franz Gregori auch als Pestbeschauer. Für die Gesunden, die unter Quarantäne standen, las er bei Sturm und Schnee im Freien die Messe. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, veranlasste er, dass Hütten, deren Bewohner alle an der Pest verstorben waren, niedergebrannt wurden.
Die Pest erlosch auch im beginnenden Frühling nicht. Immer wieder flackerte sie auf. Unerschrocken versorgte der Dechant die Erkrankten weiter mit den Sakramenten. Immerhin überlebten in dieser Zeit von 15 Erkrankten im Gföhlerwald fünf Personen. In den folgenden Wochen erfasste die Seuche auch den Markt Gföhl: Am 17. April erkrankte der Sohn des Thomas Staudinger. In den folgenden sieben Monaten fielen der Pest an die hundert Personen zum Opfer. Auch in Gföhl versuchte Pfarrer Peter Franz Gregori die notwendigen Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung zu organisieren. In einem nahe gelegenen Wald ließ er Hütten errichten, um dort die Infizierten zu isolieren. Allerdings scheiterte dieser wohlgemeinte Versuch an der Halsstarrigkeit der Menschen, die lieber in ihrem eigenen Haus sterben wollten. Immerhin erreichte er, dass die betroffenen Häuser im Markt Gföhl Tag und Nacht bewacht wurden und so eine völlige Trennung zwischen Gesunden und Erkrankten erfolgte. Eine weitere Maßnahme seinerseits war, dass er die Pfarrkirche sperrte und alle kirchlichen Feiern unter freiem Himmel abhielt, umso die Ansteckungsgefahr zu vermindern. Da er selbst permanent mit Erkrankten in Kontakt war, wohnte er nicht mehr länger im Pfarrhof, sondern ließ sich abseits des Marktes eine Hütte errichten, wo er sich während des Wütens der Seuche aufhielt. Hier bewahrte er auch das Altarsakrament auf. Von hier aus besuchte er weiter die Kranken, betreute sie seelsorgerisch und versorgte sie mit Nahrungsmitteln und Arzneien. Er sorgte auch dafür, dass die Verstorbenen ein christliches Begräbnis erhielten und brachte sich dabei oft selbst in Lebensgefahr: Einmal ergriffen ihn die Totengräber und schleppten ihn im Glauben, er sei ein Pestkranker, ins Pesthaus. Der Gföhler Rat und bewaffnete Bürger befreiten ihn aus der misslichen Situation.
Als dieselben Totengräber mit den Landgerichtsdienern eine handgreifliche Auseinandersetzung hatten, bei der sie schwer verletzt wurden, wollte der Bader sie nicht behandeln, aus Angst sich mit Pest anzustecken. Der Pfarrer richtete darauf ein Schreiben an den Rat der Stadt Krems mit der Bitte, einen Leichenbeschauer nach Gföhl zu schicken, der die Wunden der Totengräber versorgen sollte. So überlebten die beiden Raufbolde.
Weiters appellierte er an die christliche Nächstenliebe seiner Schäfchen und initiierte eine Spendenaktion für die von der Pest betroffenen Familien. Mit dem gesammelten Geld sollten Darlehen vergeben werden, mit denen die Kosten für Totengräber, Arzneien und für die zur Stärkung der Erkrankten verabreichten Nahrungsmittel beglichen werden sollten. Dies erleichterte zumindest für den Anfang die wirtschaftliche Belastung.
Wir wissen nur deshalb so genau über die Aktivitäten des Pfarrers Bescheid, weil die Holzhacker des Gföhlerwaldes und der Rat des Marktes Gföhl in zwei gesiegelten Urkunden aus Dankbarkeit seine Taten festhielten.
Zum Dank für das Erlöschen der Pest gelobten die Gföhler Bürger in der Folge eine Wallfahrt nach Maria Langegg, dem Wallfahrtort im Dunkelsteinerwald, und zum Bründl bei den Kapuzinern in Und bei Krems.
Im Mirakelbuch von Maria Langegg finden wir die Eintragung: „Nicht weniger hat wegen Abwendung der Pestilentzischen Sucht, eine gesambte löbliche Gemeinde zu Gföhl sich Processionaliter, oder Bittgangweiß, sambt einer grossen Wachs-Kertzen (auf welcher der Heil. Martyrer Sebastianus abgemahlen) nach Langegg verlobet, und dem 28. Junij Anno 1681 selbe, als ein Schuldiges Danck-Opfer mit sich anhero gebracht.“
Neben einem Kerzenopfer stiftete der Markt Gföhl auch ein Votivbild nach Maria Langegg, das 1832 durch ein neues Bild ersetzt wurde. Es ist jetzt noch im Museum der Wallfahrtskirche zu sehen. Die Wallfahrt nach Maria Langegg wurde bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts durchgeführt. 1959 wurde sie wiederbelebt.
Quelle:
Paul Ney, Die Gföhler Wallfahrt nach Maria Langegg und die Pest der Jahre 1679 und 1680, in: Das Waldviertel 44 (1995), S. 140–148.
Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra
Gföhler Kirche © Pfarre Gföhl www.pfarre-gfoehl.at Mit dem Bau der heutigen Pfarrkirche in Gföhl wurde 1715 begonnen. Im Pestjahr 1680 stand an ihrer Stelle noch ein kleiner romanischer Kirchenbau. |
Die Vorsichtsmaßnahmen griffen nicht; nach kurzer Zeit mussten nicht nur der Gföhlerwald, sondern auch die umliegenden Orte unter Quarantäne gestellt werden. In Zeiten der Pest waren medizinisch ausgebildete Personen Mangelware. So betätigte sich Peter Franz Gregori auch als Pestbeschauer. Für die Gesunden, die unter Quarantäne standen, las er bei Sturm und Schnee im Freien die Messe. Um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, veranlasste er, dass Hütten, deren Bewohner alle an der Pest verstorben waren, niedergebrannt wurden.
Pfarrkirche Maria Langegg, © http://maria-langegg.kirche.at/de/html/6/5.html Die Wallfahrtskirche Maria Langegg nahm ihren Ursprung in einer kleinen Kapelle, die der Salzburger Pfleger Matthias Häring errichten ließ. 1645 wurden die Serviten zur Betreuung der Wallfahrt berufen. Nach Errichtung des Klosters wurde 1765 der alte Kirchenbau mit Ausnahme der Ursprungskapelle abgetragen und durch einen Neubau ersetzt. |
Als dieselben Totengräber mit den Landgerichtsdienern eine handgreifliche Auseinandersetzung hatten, bei der sie schwer verletzt wurden, wollte der Bader sie nicht behandeln, aus Angst sich mit Pest anzustecken. Der Pfarrer richtete darauf ein Schreiben an den Rat der Stadt Krems mit der Bitte, einen Leichenbeschauer nach Gföhl zu schicken, der die Wunden der Totengräber versorgen sollte. So überlebten die beiden Raufbolde.
Weiters appellierte er an die christliche Nächstenliebe seiner Schäfchen und initiierte eine Spendenaktion für die von der Pest betroffenen Familien. Mit dem gesammelten Geld sollten Darlehen vergeben werden, mit denen die Kosten für Totengräber, Arzneien und für die zur Stärkung der Erkrankten verabreichten Nahrungsmittel beglichen werden sollten. Dies erleichterte zumindest für den Anfang die wirtschaftliche Belastung.
Wir wissen nur deshalb so genau über die Aktivitäten des Pfarrers Bescheid, weil die Holzhacker des Gföhlerwaldes und der Rat des Marktes Gföhl in zwei gesiegelten Urkunden aus Dankbarkeit seine Taten festhielten.
Zum Dank für das Erlöschen der Pest gelobten die Gföhler Bürger in der Folge eine Wallfahrt nach Maria Langegg, dem Wallfahrtort im Dunkelsteinerwald, und zum Bründl bei den Kapuzinern in Und bei Krems.
Im Mirakelbuch von Maria Langegg finden wir die Eintragung: „Nicht weniger hat wegen Abwendung der Pestilentzischen Sucht, eine gesambte löbliche Gemeinde zu Gföhl sich Processionaliter, oder Bittgangweiß, sambt einer grossen Wachs-Kertzen (auf welcher der Heil. Martyrer Sebastianus abgemahlen) nach Langegg verlobet, und dem 28. Junij Anno 1681 selbe, als ein Schuldiges Danck-Opfer mit sich anhero gebracht.“
Votivbild des Marktes Gföhl, erneuert 1832 |
Quelle:
Paul Ney, Die Gföhler Wallfahrt nach Maria Langegg und die Pest der Jahre 1679 und 1680, in: Das Waldviertel 44 (1995), S. 140–148.
Text: Prof. Dr. Elisabeth Vavra
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen